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- Mietenwahnsinn
Geringverdiener bekommen mehr Wohngeld
Die Opposition kritisiert den Anstieg von 30 Prozent als zu niedrig. Zudem werde der Mietenwahsinn nicht bekämpft
Berlin. Haushalte mit kleinen Einkommen bekommen nächstes Jahr mehr Wohngeld. Der Bundestag beschloss am Freitag in Berlin eine Erhöhung, obwohl der Opposition die Novelle angesichts drastisch steigender Mieten nicht weit genug geht. Der Deutsche Mieterbund begrüßte den Schritt, bemängelte aber, dass weiterhin die Heizkosten nicht berücksichtigt würden.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass im kommenden Jahr 660.000 Haushalte entlastet werden, 180.000 mehr als bisher. Das Wohngeld steigt um durchschnittlich 30 Prozent. Ein Zwei-Personen-Haushalt beispielsweise erhält im Durchschnitt 190 Euro Wohngeld im Monat statt der bisherigen 145 Euro. Die Ausgaben für Bund und Länder erhöhen sich dem Gesetz zufolge von knapp einer Milliarde auf 1,2 Milliarden Euro im kommenden Jahr.
Erstmals soll das Wohngeld künftig automatisch alle zwei Jahre an die Mieten- und Einkommensentwicklung angepasst werden. Vor allem diese geplante regelmäßige Anpassung der Leistungen sei ein großer Fortschritt, sagte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten der »Saarbrücker Zeitung« (Freitag).
Mit der Novelle wird auch eine neue, siebte Mietstufe für besonders teure Gegenden wie etwa München und Umgebung eingeführt. Die Mietstufe ist entscheidend für die Höhe des Zuschusses.
Kritik von der Opposition
Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Caren Ley, kritisierte, die Wohngeldreform ändere nichts daran, dass sich die stark steigenden Mieten in den Städten längst von der Lohnentwicklung entkoppelt hätten. Die Menschen müssten einen viel zu hohen Anteil ihres Einkommens für die Miete ausgeben.
Neben der LINKEN bemängelten auch die Grünen und die FDP, dass die Wohngeld-Novelle keine Antwort darauf gebe, wie steigende Kosten durch Klimaschutzmaßnahmen einbezogen werden sollen. Vertreter der Koalition räumten ein, dazu gebe es noch keine ausgereiften Vorschläge. Im Zusammenhang mit dem Klimapaket ist zunächst nur eine einmalige zehnprozentige Wohngeld-Erhöhung geplant.
Wohngeld ist eine Leistung für Geringverdiener, die ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung finanzieren. Es wird für jeden Haushalt individuell berechnet und richtet sich nach dem Einkommen, der Zahl der Haushaltsmitglieder und den Mietpreisen in der Gegend, in der sie wohnen.
Zuletzt wurde das Wohngeld 2016 erhöht. Davor war es sieben Jahre lang nicht angepasst worden. 40 Prozent der Haushalte müssen inzwischen mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Miete ausgeben, etwa jeder sechste Haushalt sogar mehr als 40 Prozent. Eine Miete von mehr als 30 Prozent des Einkommens gilt insbesondere für Familien mit geringen Einkommen als kritisch, weil dann nicht genug Geld zum Leben bleibt. epd/nd
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