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Trockenschwimmen im Baerwaldbad
Rechtsstreitigkeiten und Finanzierungsprobleme verhindern schnelle Lösung für Kreuzberger Schwimmbad
Die Zukunft des traditionsreichen Baerwaldbades in Kreuzberg bleibt ungewiss. Ein Gütetermin beim Berliner Landgericht brachte am Freitag keine Einigung zwischen dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg als Kläger und dem Träger, dem Verein für Tauchen, Schwimmen und Sport e.V. (TSB). Nach der Insolvenz des Vereins war das bereits seit 1998 aufgrund notwendiger Sanierungen nur noch teilweise und zeitweise überhaupt nicht mehr nutzbare Bad im Januar 2017 komplett geschlossen worden.
Zwar wurde der 2011 mit dem Verein geschlossene Erbpachtvertrag 2018 im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter aufgelöst, was im Dezember auch gerichtlich bestätigt wurde. Doch der neue TSB-Vorstand weigert sich dennoch, dem Bezirk den Zugriff auf das nunmehr wieder im Eigentum des Landes befindliche Bad zu ermöglichen. Vor Gericht begründete dies TSB-Vorstand Matthias Schütze mit schweren Verstößen gegen das Insolvenzrecht bei der Auflösung des Erbpachtvertrages. So sei für die Ermittlung der Höhe der an den Verein zu leistenden Entschädigung für die Vertragsauflösung kein anerkannter Gebäudegutachter hinzugezogen worden.
Der die Verhandlung führende Richter machte deutlich, dass diese Frage kein Bestandteil des anhängigen Verfahrens über die Verfügungsgewalt sei. Entsprechende Ansprüche könne der Verein in einem gesonderten Verfahren gegen den Insolvenzverwalter geltend machen. Aber »das Land ist unstreitig Besitzer und muss seinen Besitz auch in Besitz nehmen können«. Da die TSB-Vertreter dies nicht anerkennen wollten und auf ein »Rückbehaltungsrecht« beharrten, erklärte der Richter die Güteverhandlung für gescheitert und wird nun ein Urteil fällen und verkünden. Ein Termin dafür steht noch nicht fest.
Obwohl recht klar ist, wie dieses Urteil ausfallen wird, wird die Hängepartie um das Bad weitergehen. Zum einen kann der TSB Berufung beim Kammergericht einlegen. Und auch nach Rechtskraft eines Urteils zur Verfügungsgewalt bräuchte es nach Auskunft von Heinrich Baasen, dem Leiter des Rechtsamtes des Bezirks, noch einige Zeit bis zur Umsetzung, da erst ein Vollstreckungstitel erwirkt und umgesetzt werden müsse.
Selbst dann wäre eine mögliche Wiedereröffnung des Bades noch in weiter Ferne. Der Bezirk habe zwar das Ziel, »dass dieser Standort wieder als Bad hergerichtet wird«, erklärte eine Sprecherin auf nd-Anfrage. Man sehe aber keine Möglichkeit, das Bad in Eigenregie zu sanieren und zu betreiben. Man erwarte daher eine politische Entscheidung des Senats zur Zukunft des Bades und zur Übernahme durch die Berliner Bäder-Betriebe. Zumal in dem Bezirk mehrere Hallenbäder bereits dauerhaft geschlossen wurden und auch das Spreewaldbad voraussichtlich ab September 2020 wegen umfassender Baumaßnahmen für etwa drei Jahre nicht zur Verfügung stehen wird.
Doch erst wenn der Rechtsstreit mit dem Verein beendet ist, kann mit der Ermittlung der Sanierungskosten begonnen werden. Die werden laut der Bezirk erheblich sein: »Die technischen Anlagen können nicht instand gesetzt werden. Es ist ein völliger Austausch erforderlich. Das Dach ist undicht. Der bauliche Brandschutz ist nicht vorhanden. Es schimmelt an vielen Stellen, da die Heizung nicht funktionsfähig ist.« Und es ist keineswegs sicher, ob das Land Berlin und die Bäderbetriebe unter diesen Voraussetzungen bereit sein werden, das Baerwaldbad wieder für Vereinssport und Freizeitschwimmer in Betrieb zu nehmen. Ohnehin tauchten in den vergangenen 20 Jahren immer wieder Pläne auf, aus dem denkmalgeschützten Gebäude eine hippe Event-Location zu machen.
Die Folgen der 2002 begonnenen Spar- und Privatisierungspolitik bei den Berliner Schwimmbädern sind also noch lange nicht ausgestanden. Und das betrifft nicht nur das Baerwaldbad. Für das seit 2016 wegen »mangelnder Rentabilität« geschlossene Strandbad Tegel wird derzeit ein neuer, privater Betreiber gesucht. Im Strandbad Halensee gibt es den bereits. In dem jetzt »Ku’damm Beach« genannten Bad kostet der Eintritt inklusive Liege inzwischen zwölf Euro.
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