• Berlin
  • Frankfurter Allee 187

»Gebt das Haus auf, gebt das Haus uns«

Berliner Frankfurter Allee 187 soll linkes Zentrum werden

  • Georg Sturm
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Verhandlungen um das Haus in der Frankfurter Allee 187 in Berlin-Lichtenberg nehmen an Fahrt auf. Das Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale steht seit Jahren leer und gehört seit 2010 der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Ende September hatten Aktivist*innen das Haus im Rahmen der TuMalWat-Aktionstage kurz besetzt. Noch in derselben Nacht fanden Verhandlungen mit BIM-Geschäftsführer Sven Lemiss statt. Darin einigten sie sich, das Haus zu räumen und Gespräche über eine mögliche Zwischennutzung aufzunehmen.

Am vergangenen Montag trafen sich nun die Besetzungsgruppe, mehrere Initiativen und Interessierte mit Vertretern der BIM zu einer öffentlichen Verhandlung im »Aquarium - Südblock« am Kottbusser Tor. Bereits zuvor hatte es ein Gespräch zwischen den beiden Parteien sowie eine gemeinsame Begehung des Objekts gegeben. »Wir streben eine langfristige Nutzung an und möchten ein soziales Zentrum schaffen, um den Leerstand zu beenden«, nennt Aktivist Tilo die Forderungen der Initiativen. Dafür sei es notwendig, das Haus zunächst temporär beziehen zu dürfen.

Die Initiativen haben zunächst bewusst nur ein sehr grobes Konzept vorgelegt, da neben ihnen auch die Nachbar*innen in den Entscheidungsprozess für das Gebäude einbezogen werden sollen. Fest steht: Mit dem sozialen Zentrum sollen unkommerzielle Räume für Begegnung und Austausch, Wohnraum für Menschen ohne Obdach und für alternatives Wohnen sowie Räume des Widerstands für eine Stadt von unten geschaffen werden.

Das Problem: Der Bund hat Interesse an dem Gebäude gezeigt und möchte dieses in seinen »Campus der Demokratie« integrieren. Auf dem ehemaligen MfS-Gelände soll ein Archiv, Bildungs- und Erinnerungsort entstehen. »Wir können nur über eine Zwischennutzung reden«, stellt BIM-Geschäftsführer Lemiss zu Beginn der Verhandlungen klar. Bei der Kritik am Leerstand von landeseigenen Immobilien zeigt er sich einsichtig. »Da ist mit Sicherheit was dran.« Wann das Haus an den Bund übertragen werde, stehe noch nicht fest. Etwa drei Jahre werde das Gebäude wohl noch leer stehen, schätzt Lemiss.

Wie unklar der Prozess um das Gelände und die Zukunft des »Campus der Demokratie« ist, wurde in der Nacht der Besetzung Ende September deutlich. An diesem Tag lieferten sich Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) und der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Daniel Wesener, eine Auseinandersetzung bei Twitter. Gegenstand war die Frage, ob das Abgeordnetenhaus den Verkauf der Flächen an den Bund bereits beschlossen habe und damit eine Kunst- und Ateliernutzung ausgeschlossen sei.

In einem Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 13. März wird der Senat aufgefordert, ein Standortmanagement einzurichten, um die notwendigen Baumaßnahmen zur Umsetzung des Campus-Projekts vorzubereiten. Damit ist der Senat verpflichtet, die Planungen des Bundes zu unterstützen. Verhandlungsführer Tilo macht deutlich, dass die Pläne für das Projekt noch sehr vage seien. »Mit uns geht das schneller als mit dem Campus der Demokratie«, stellt der Aktivist klar.

Eine weitere Herausforderung für eine Zwischennutzung besteht in dem maroden Zustand des Gebäudes. Der Bau wurde 2015 schadstoffsaniert, Decken, Böden und nichttragende Wände wurden entfernt sowie sämtliche Elektrik und Heizungen gekappt. Auch wegen des großen Sanierungsbedarfs würde sich für die Initiativen nur eine langfristige Nutzung lohnen.

Daher lautet deren Maximalforderung: »Gebt das Haus auf, gebt das Haus uns.« Auch wenn die anwesenden BIM-Vertreter eine dauerhafte Nutzung kategorisch ablehnen, einigten sich die Verhandlungspartner darauf, Gespräche mit Bezirk und Bund aufzunehmen, um die Bedingungen für eine temporäre Nutzungsgenehmigung durch den Bezirk zu klären und sich anschließend für erneute Verhandlungen zu treffen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -