- Brandenburg
- Brandenburg
Grünen-Fraktionschefs ins Kabinett
Landesvorstand Brandenburg schlägt Ursula Nonnemacher und Axel Vogel als Minister vor
»Hier und heute gehen alle als Gewinner vom Platz.« So lautete die frohe Botschaft, die Ursula Nonnemacher, die Grünen-Verhandlungsführerin bei den Koalitionsverhandlungen, vor anderthalb Wochen bei der Vorstellung des rot-schwarz-grünen Vertragspapiers in Potsdam ihren Wählern verkündete. Jetzt haben Brandenburgs Grüne als erste Partei der neuen Regierungskoalition ihr Personal für das künftige Kabinett von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vorgestellt. Am Montagabend präsentierte der Parteivorstand seine Kandidaten: »Der Landesvorstand hat bei seiner Vorstandssitzung am 28. Oktober 2019 einstimmig beschlossen, die Fraktionsvorsitzenden Ursula Nonnemacher und Axel Vogel als Ministerin und Minister in der neuen Landesregierung vorzuschlagen«, heißt es in einer Mitteilung. Diesem Vorschlag habe sich auch der Parteirat einstimmig angeschlossen.
Dem Koalitionsvertrag entsprechend gehen die Ressorts Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz sowie Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz an die Bündnisgrünen. Laut Vorschlag der Parteigremien soll Ursula Nonnemacher künftig als Sozialministerin am Kabinettstisch Platz nehmen, Axel Vogel als Agrar- und Umweltminister.
Laut Grünen-Landeschefin Petra Budke spricht die politische Erfahrung beider Kandidaten für den Personalvorschlag. »Ursula Nonnemacher und Axel Vogel sind durch ihre langjährige fundierte Oppositionsarbeit ausgezeichnete Kandidaten für Regierungsämter«, so Budke. »Sie sind seit Jahren mit Herzblut dabei, fachlich hoch qualifiziert und kennen den Politikbetrieb durch ihre parlamentarische Arbeit von Grund auf.«
Ob es beim vorgeschlagenen Procedere bleibt, liegt bei der Parteibasis. Der Landesvorstand erklärte, vom 5. bis 16. November befinden die stimmberechtigten 1940 Parteimitglieder per Urabstimmung über den Koalitionsvertrag und auch über den Vorschlag des Landesvorstands zur Besetzung der Ministerämter.
Dass die Entscheidung zugunsten der beiden derzeitigen Vorsitzenden der Grünen-Landtagsfraktion fallen dürfte, gilt als ausgemacht. Beide waren schon länger im Gespräch. Neben den vier anwesenden Mitgliedern des Landesvorstands habe auch der größere Parteirat inklusive der Vertreter der Grünen Jugend einstimmig für sie gestimmt. Nonnemacher, 62 Jahre alt und von Beruf Fachärztin für Innere Medizin, sitzt seit 2009 im Landtag. Der 63-jährige Berufspolitiker und studierte Wirtschaftswissenschaftler Axel Vogel war von 1985 bis 1987 für die Grünen Mitglied des Deutschen Bundestags und gehört der Grünen-Landtagsfraktion in Potsdam seit 2009 an.
Am 9. November wird ein Grünen-Parteitag den Koalitionsvertrag diskutieren, am 18. November wird das Abstimmungsergebnis veröffentlicht. Läuft alles wie geplant, scheiden Ursula Nonnemacher und Axel Vogel mit Eintritt in die Landesregierung aus der Landtagsfraktion aus. Gemäß der Grünen-Landesliste rücken dann Carla Kniestedt und Michael Luthardt ins Parlament nach. Kniestedt war bisher TV-Moderatorin beim rbb. Luthardt leitet das Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde (Barnim), er war bis 2017 Parteimitglied der LINKEN.
Bei den Koalitionsverhandlungen hatte Rot-Schwarz-Grün den Kabinettszuschnitt und die Verteilung der Ministerien festgelegt: Danach soll die SPD neben der Führung der Staatskanzlei die Ressorts Finanzen, Bildung, Wirtschaft und Arbeit sowie Wissenschaft übernehmen. Neben den zwei grün geführten Ressorts gehen an die CDU das Innenministerium, Infrastruktur und Justiz.
Mit Ursula Nonnemacher und Axel Vogel würden die Grünen nach 25 Jahren erstmals wieder Minister in eine Landesregierung Brandenburgs entsenden. Bisher hatten nur dem ersten Kabinett von SPD-Ministerpräsident Manfred Stolpe, das vom 11. November 1990 bis zum 11. Oktober 1994 im Amt war, zwei Grünen-Politiker angehört. Dabei war Marianne Birthler (Bildung) am 23. Oktober 1992 im Streit um Stolpes Stasi-Kontakte ausgeschieden - ihr war Roland Resch gefolgt. Matthias Platzeck, damals Umweltminister, hatte die Bündnisgrünen 1993 verlassen und war später in die SPD gewechselt.
Nach der Fraktionssitzung am Dienstag ließ Axel Vogel schon einmal wissen, wo er als neuer Agrar- und Umweltminister künftig Handlungsbedarf sähe. Sollte seine Berufung bestätigt werden, werde er keine »ideologisierte Agrarpolitik« betreiben, versicherte er. Ihm schwebe ein kooperatives Vorgehen von Landwirten und Umweltschützern vor.
Wie von SPD, CDU und Grünen vereinbart, werde er dem weiteren Ausverkauf von brandenburgischen Agrar- und Forstflächen einen Riegel vorschieben, so Vogel. Ein entsprechendes Gesetz soll verhindern, dass internationale Finanzgruppen Agrarflächen aufkaufen und einheimischen Landwirte »keine Chance haben, an Flächen zu kommen«.
Für die neue Landesregierung komme dem Ziel, eine klimaangepasste Landwirtschaft zu schaffen, eine große Bedeutung zu, setzte Vogel fort. Auf der Agenda stehe auch ein Programm zum Schutz und zur Revitalisierung der Moore als CO2-Speicher. Eine deutliche Ausweitung strebt Vogel beim Öko-Landbau von derzeit zwölf Prozent auf vom Bund vorgegebene 20 Prozent der Agrarflächen an.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!