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»Baberowski hat eine Grenze überschritten«
Die Studentin Bafta Sarbo über ihre Anzeige gegen einen HU-Professor und rechte Think Tanks an Universitäten
Wie fühlt es sich an, einen Professor der Humboldt-Uni anzuzeigen?
Ich wünschte, es hätte nicht dazu kommen müssen. Leider sehen wir inzwischen keine andere Möglichkeit, unser Recht auf studentische Meinungsfreiheit äußern zu können - auch, weil die Uni sich nicht so verhalten hat, wie wir uns das gewünscht hätten.
Bafta Sarbo ist Studentin der Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin und Vertreterin der Studierenden im Akademischen Senat sowie Referentin für Hochschulpolitik im Referent_innenrat. Wegen beleidigender Formulierungen in der Auseinandersetzung um ein geplantes »Zentrum für vergleichende Diktaturforschung« zeigten sie und ihre Kommilitonin Juliane Ziegler den Osteuropahistoriker Jörg Baberowski an.
Wie kam es, dass Sie und Juliane Ziegler den Geschichtsprofessor Jörg Baberowski angezeigt haben?
Es begann damit, dass Juliane und ich uns in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zu Baberowskis gescheitertem Projekt, ein »Zentrum für vergleichende Diktaturforschung« zu etablieren, geäußert haben. Als das Interview erschien, empörte sich Baberowski auf Facebook über uns und unsere Aussagen. Er bezeichnete uns als »unfassbar dumme Studentinnen« und »linksextreme Fanatiker«.
Was hat es mit diesem »Zentrum für vergleichende Diktaturforschung« auf sich?
Baberowski vertritt die These, dass mit der russischen Revolution das entstanden ist, was man als politische Gewalt begreifen kann. Diese Form der politischen Gewalt habe die Entstehung des Nationalsozialismus erst ermöglich. Ohne die Sowjetunion kein Hitler, quasi. Die von Baberowski vertretene Totalitarismusforschung setzt die Verbrechen des Nationalsozialismus und die des Stalinismus gleich und relativiert somit den NS. Man darf die Relevanz dieser rechten Institutionen gerade an Universitäten nicht unterschätzen. Ein rein wissenschaftlich geführter Diskurs kommt der Tatsache, dass so ein Institut auch eine politische Sache ist, nicht bei. Es geht uns auch weniger um Baberowski als um seine institutionelle Rolle und was daraus folgt - zum Beispiel ein Rechtsruck im akademischen Diskurs und eine Legitimation rechter Ansichten.
Baberowski hat Sie beleidigt, und außerdem wurden Sie von seinen Fans mit einem Shitstorm überzogen. Überschreitet Baberowski damit nicht seine Rolle als Professor? Er inszeniert sich doch eher als Medienfigur.
Baberowski hat auf jeden Fall eine Grenze überschritten, als Unidozent hat er ja auch die Aufgabe, den Diskurs zivil zu halten. Unser Interview selbst war ja auch sehr sachlich und hat sich nicht auf Baberowski bezogen, sondern auf das Zentrum, das nicht mit den Statuten der Universität, die sich für Weltoffenheit und gegen Diskriminierung ausspricht, vereinbar ist. Der Mann ist einer der führenden rechten Intellektuellen in Deutschland, und in diesem Zusammenhang wird seine Meinung auch von konservativen bis rechten Medien aufgenommen. Die Uni hat sich auch mit einem Leserbrief an die »FAZ« gewandt, die den Fall recht einseitig zugunsten Baberowskis aufgegriffen hat, und darin betont, dass Juliane und ich sachlich argumentiert haben und dass er den Ball flach halten soll - eine eindeutige Positionierung gab es jedoch nie.
Wie haben Medien den Vorfall sonst thematisiert?
Insgesamt konnten der Fall und Baberowskis Diskurs sowohl inner- als auch außeruniversitär aufgegriffen werden, weil er von Medien aufgerollt wurde, die mit seinen Ansichten sympathisieren. Das Zentrum wurde im Februar abgewiesen; der »Cicero« hat darüber im Frühjahr geschrieben, im Sommer kam dann der Text in der »FAZ«. Unsere Kritik an dem Zentrum spielte kaum eine Rolle, der Diskurs spielte sich auf einer personellen Ebene ab. Viel hängte sich auch an meiner Person auf. Es wurden stellenweise auch einfach falsche, rechte Narrative übernommen. So behauptete Baberowski, dass interne Dokumente zu dem Fall »geleaked« worden seien. Das stimmt nicht, die Dokumente sind und waren immer öffentlich.
Und da wir gerade dabei sind: Sind Baberowksis Positionen für Sie noch von der Freiheit von Forschung und Lehre gedeckt?
Seine Ansichten und Äußerungen sind schon von der Freiheit und Forschung und Lehre gedeckt. Das bedeutet aber nicht, dass man diese Ansichten gut finden muss oder dass er den Anspruch auf eine finanzielle und institutionelle Förderung hätte. Er inszeniert sich gerade als Opfer. Unsere Kritik ist eine an seinem Zentrum und wofür dieses Zentrum steht: Es hat die Funktion eines rechten Think Tanks.
Was halten Sie für problematisch daran?
Das Problem mit Rechten an Universitäten ist, dass sie Netzwerke bilden, und da können eben auch mal Menschen am Lehrstuhl landen, die früher durch Verbindungen zur Neonaziszene aufgefallen sind.
Sowohl Baberowski als auch der frühere AfD-Vorsitzende Bernd Lucke, dessen Vorlesungen von antifaschistischen Studierenden gestört wurden, inszenieren sich als Opfer linker Angriffe, schwadronieren von einem »Verlust der Meinungsfreiheit«. Was antworten Sie darauf?
Das ist ein Mann mit einer lebenslangen Professur, zahlreichen Publikationen und Medien, die ihm zur Seite springen. Wenn er sagt, er sei in der eigenen Meinungsfreiheit beschnitten worden, ist das albern - spiegelt aber den aktuellen Diskurs um die Meinungsfreiheit wider.
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