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Abteilung für Internetwitze
Eine Satiregruppe macht sich auf sozialen Medien über das politische Brüssel lustig
Ursula von der Leyen ist auf WG-Suche in Brüssel wegen ihres neuen Jobs. »Ich interessiere mich für Militär- und Verteidungsthemen und halte gerne meine Küche sauber«, schreibt sie in einer Annonce auf Facebook. Diese erfundene Anzeige hat »DG Meme« verbreitet, eine Satiregruppe in der belgischen Hauptstadt. »DG« steht für Directorate-General, also Generaldirektion, in Anlehnung an die so bezeichneten Abteilungen in der EU-Kommission und im EU-Parlament. Und »Meme« eben für das, was sie tun, Memes und andere Internetbildchen zu bauen, auf denen sie etwa Screenshots aus Harry Potter oder Game of Thrones mit Geschehnissen europäischer Politik untertiteln.
Die Twitter-, Facebook- und Instagramseiten von »DG Meme« werden immer beliebter in Brüssel. Wer dahinter steckt, ist geheim. Die Macher*innen wollen nicht ihre Jobs gefährden. In einer Weinbar, in der junge Menschen einen Feierabenddrink zu Häppchen nehmen, erzählt der Gründer dem »nd«, warum er die Satiregruppe initiierte.
Dem jungen Mann gefällt nicht, wie trocken die EU-Institutionen mit den Bürger*innen über ihre Arbeit kommunizieren: »Wenn man seit 30 Jahren in Brüssel wohnt, weiß man nicht mehr, wie Menschen eigentlich reden. Weil man an diesen Ort gewöhnt ist, an dem Leute im Durchschnitt fünf Sprachen sprechen und mindestens einen Master-Abschluss haben«, bemängelt er.
Der Mittdreißiger arbeitet in der EU-Kommission und betreibt DG Meme nebenbei. Als er selbst einmal frustriert von der Arbeit kam, entstand die Idee zur Abteilung von Internetbildern. Ganz neu ist sie nicht, es gibt bereits die Twitteraccounts Berlaymonster und Martini Seltzermayr, die bisher mehr Follower haben. Im Juni 2018 ging »DG Meme« dann online auf den sozialen Plattformen.
Bei der Satiregruppe wird veröffentlicht, was der Gründer und seine Kollegin lustig finden. So etwa eine Umfrage, ob man schon mehr Dates als Brexit dieses Jahr hatte. Oder was die führenden Politiker*innen der Brexitverhandlungen in zehn Jahren machen werden.
»DG Meme« macht Witze, die vor allem Menschen verstehen, die sich für EU-Politik interessieren. Sein erstes Zielpublikum sei die »bubble«, also die Blase, wie die Brüsseler Community aus Politik, Wirtschaft und Organisationen jeglicher Art dort nur heißt.
Unter den Followern, die Bilder und Hinweise an die Satire-Direktion schicken, sind auch Sprecher aus Kabinetten, erzählt der junge Mann bei Fingerfood, das schwer ohne Besteck zu essen ist. In Brüssel funktioniert »DG Meme«, weil dort Vieles nicht offen gesagt werden darf. Wie in jedem System gibt es etliche Diskussionen über Entscheidungen. Und in den EU-Institutionen, so wie überall wo Politik gemacht wird, bestehen Informations- und Machthierarchien.
Wie eine Mitarbeiterin einer großen politischen Partei sagt: DG Meme sei vor allem amüsant. Aber sie »bringen teilweise die blinden Flecken im System auf den Punkt. Sie illustrieren mit Satire genau das, was alle eigentlich denken, aber nicht sagen dürfen in all den ›wichtigen‹ Positionen hier in Brüssel.«
Der DG Meme-Gründer sieht das ähnlich: »Die Leute in den Spitzenpositionen der Institutionen haben Angst, auch nur ein bisschen kontrovers zu sein. Wenn kleine Beamte versuchen, wagemutiger zu sein, werden ihre innovativen Ideen auf höheren Ebenen verwässert«, sagt er.
Aber die kleine Satiregruppe will auch die erreichen, die bisher nicht viel von EU-Politik verstehen. Dabei hat das »DG Meme«-Team genau das Problem, was auch die EU-Institutionen in ihrer Außenkommunikation haben: Komplizierte Inhalte, die oft noch in Verhandlung sind, den Bürger*innen verständlich aufzubereiten und diese dafür zu interessieren. »Manchmal haben wir eine lustige Idee, aber es ist sehr spezifisch für die Blase in Brüssel. Dann bin ich nicht sicher, ob ich es veröffentlichen oder umformulieren soll«, sagt der Hobbysatiriker. Für ein weiteres Publikum müsse man Memes mit Leuten machen, die überall bekannt seien, erklärt er.
Das gelingt ihnen bisher teilweise, außerhalb Brüssels ist »DG Meme« relativ unbekannt. Anfang Dezember wird die Gruppe in einer Weinbar ein Event zu Satire und Kommunikation veranstalten. Der Gründer überlegt noch, wie er es dann mit der Anonymität halten wird. Ob er sich doch zeigt. Vielleicht möchte man doch auch mal direkt Lob bekommen.
Während der Gründer von seinem Projekt erzählt, ist er durchaus ernst. Er sagt Sätze wie »Ich hoffe, dass wir Dinge ändern können mit der Art, wie wir sie kommunizieren. Sonst überlassen wir Messages und Emotionen Leuten wie Marine le Pen, was super gefährlich ist.«
Die EU-Kommission verwies bei Nachfrage zu »DG Meme« gegenüber dem »nd« auf ein Statement, das Dana Manescu, die Leiterin der Social Media-Abteilung der Behörde, dem Politikmagazin »Politico« vor kurzem gegeben hatte: »Es ist konstruktive Kritik. Ein sarkastischer Ansatz kann helfen, über EU-Politik zu kommunizieren. Es ist lustig, es sind gute Inhalte, auch wenn wir wahrscheinlich nicht dasselbe machen könnten.«
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