Ministerpräsident gewählt

Dietmar Woidke (SPD) bekam 47 von 50 Stimmen seiner rot-schwarz-grünen Koalition

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Gut zweieinhalb Monate nach der Landtagswahl am 1. September hat Brandenburg ein neues Kabinett. Im ersten Wahlgang wurde am Mittwoch Dietmar Woidke (SPD) vom Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. 47 Abgeordnete stimmten in geheimer Wahl für ihn, 37 votierten mit Nein und drei Abgeordnete enthielten sich. Damit hatte Woidke zwei Stimmen mehr als zur absoluten Mehrheit erforderlich. Da die neue Koalition aus SPD, CDU und Grünen 50 der insgesamt 88 Landtagsabgeordneten stellt, hätte der Ministerpräsident eigentlich 50 Stimmen erhalten müssen. Ein Abgeordneter fehlte zwar, aber es war einer von der AfD.

Ob Woidke alle Stimmen der ihn tragenden Koalition bekommt, war im Vorfeld immer wieder bezweifelt worden, insbesondere wegen der internen Querelen in der CDU. Grüne könnten mit dem ausgehandelten Koalitionsvertrag nicht völlig zufrieden sein, obwohl die Grünen da viel für sich herausgeholt haben. Genauso könnten Sozialdemokraten verstimmt sein, weil sie nicht als Minister oder Staatssekretär in Erwägung gezogen wurden, aber gern gefragt worden wären.

Dass es ein bisschen knapp wurde, ist insofern eine Ironie der Geschichte, weil Woidke eine rot-schwarz-grüne Koalition gerade wegen der stabilen Mehrheit der Variante Rot-Rot-Grün vorzog, die nur eine einzige Stimme Mehrheit gehabt hätte. Es hätte mit Rot-Rot-Grün natürlich sein können, dass die Wahl des Ministerpräsidenten misslingt. Die unangenehme Situation eines zweiten Wahlgangs blieb Woidke am Mittwoch jedenfalls erspart. »Nach dem schwierigen Landtagswahlergebnis im ersten Wahlgang einen Ministerpräsidenten und eine Landesregierung zu haben in diesem Landtag - das ist, glaube ich, ein gutes Ergebnis«, schätzte Woidke ein.

Bei seiner Vereidigung sprach der Ministerpräsident als evangelischer Christ zum Abschluss die Formel »So wahr mir Gott helfe«, die auch weggelassen werden darf. Danach nahm er die Glückwünsche der Vorsitzenden aller im Landtag vertretenen Parteien entgegen. Von Péter Vida, dem Chef der Freien Wähler, erhielt Dietmar Woidke statt Blumen eine Flasche Rotwein vom ungarischen Weingut des Winzers Péter Vida. Im Anschluss ernannte Woidke die Minister. Seine Stellvertreter sind nun Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Die bisherige Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) übernimmt im Ministerrang die Leitung der Staatskanzlei. Bildungsministerin bleibt Britta Ernst (SPD). Das Ressort Wirtschaft behält Jörg Steinbach (SPD), der nun auch für den früher im Sozialministerium angesiedelten Bereich Arbeit zuständig ist. Agrar- und Umweltminister ist Axel Vogel (Grüne), der sich durch eine neue Bezeichnung dieses Ressorts auch Klimaschutzminister nennen darf. Vogel löst den SPD-Politik Jörg Vogelsänger ab - und hinter vorgehaltener Hand wird dies so gewertet, dass ein Agrarlobbyist durch einen Umweltlobbyisten ersetzt worden sei. Katrin Lange (SPD), die bisher Staatssekretärin im Innenministerium war, übernimmt den Posten, den bisher Finanzminister Christian Görke (LINKE) hatte. Nachfolgerin des Justizministers Stefan Ludwig (LINKE) wird Susanne Hoffmann (CDU), die erst vor einigen Monaten aus den Händen Ludwigs die Ernennungsurkunde als Brandenburgs Generalstaatsanwältin erhalten hatte. Kultur- und Wissenschaftsministerin ist nun die Bundestagsabgeordnete Manja Schüle (SPD), die ihre politische Karriere als Mitarbeiterin der SPD-Landtagsfraktion begonnen hatte. Zum neuen Infrastrukturminister ernannte Woidke den CDU-Politiker Guido Beermann.

Nach einer Unterbrechung - in der Pause traf sich das Kabinett zur konstituierenden Sitzung - behandelte der Landtag in erster Lesung die kurz vor Inkrafttreten der Schuldenbremse im Januar 2020 jetzt noch geplante Neuverschuldung mit einer Milliarde Euro.

Der Antrag der Linksfraktion, Brandenburg solle sich im Bundesrat für die Abschaffung der Schuldenbremse einsetzen, wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Über den Investitionsfonds, in den das Geld aus dem Milliardenkredit fließen soll, sagte Linksfraktionschef Sebastian Walter, es klinge wie im Märchen: Die dunkle Zeit sei vorüber und die Koalition zaubere Schulen und Busse herbei. Doch statt des verheißenen Jahrzehnts der Investitionen werde es lediglich ein Jahrzehnt der unerfüllten Versprechungen werden.

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