- Brandenburg
- Ausbildungsreport
Ein Handy ist kein Industrieroboter
Lehrlinge fühlen sich nicht ausreichend auf die Digitalisierung der Arbeitswelt vorbereitet
Mit dem englischen Begriff digital natives (digitale Eingeborene) werden jene jungen Generationen bezeichnet, die mit moderner Computertechnik groß geworden sind und damit viel leichter zurechtkommen als die älteren Semester. Doch sei es ein Gerücht, sagt DGB-Jugendbezirkssekretärin Carolin Hasenpusch, dass den Jugendlichen heutzutage das Handy am Arm festgewachsen sei und sie sich deshalb in der Lehre mit der Technik besser auskennen als ihre Ausbilder, dass sie den Ausbildern noch was zeigen können. »Das können wir nicht bestätigen. Wer eine WhatsApp-Nachricht schreiben kann, der kann deswegen noch lange keinen Industrieroboter bedienen«, weiß Hasenpusch.
Am Dienstag legt der DGB seinen neuesten Ausbildungsreport für Berlin und Brandenburg vor. Dafür sind 2048 Lehrlinge befragt worden, die überwiegend im ersten Lehrjahr waren. Als Schwerpunkt konzentrierte sich die Gewerkschaft diesmal auf die Digitalisierung. 81 Prozent der befragten Lehrlinge halten die Digitalisierung und Automatisierung für wichtig oder sogar sehr wichtig in ihrem Beruf. Doch nur 58 Prozent sind der Auffassung, dass sie in ihrer Ausbildung gezielt für die Nutzung digitaler Technologien fit gemacht werden.
- In Berlin kamen zuletzt 21 680 Bewerber auf 15 917 Lehrstellen. In Brandenburg standen den 14 197 Bewerbern 13 754 Lehrstellen gegenüber.
- Experten wissen, dass auf 100 Bewerber statistisch mindestens 112,5 freie Ausbildungsplätze kommen müssen, damit alle Jugendlichen etwas passendes finden. Doch in Berlin stieg das Verhältnis innerhalb des vergangenen Jahres nur leicht von 100 zu 72 auf 100 zu 73 und in Brandenburg von 100 zu 94 auf 100 zu 97.
- Weniger als ...
»Die Berufswelt verändert sich. Darauf müssen die Lehrlinge vorbereitet sein«, sagt die DGB-Jugendsekretärin Hasenpusch. Ein Beispiel: In Autos wird inzwischen so viel Elektronik eingebaut, dass der Kfz-Mechaniker schon lange durch den Kfz-Mechatroniker ersetzt wurde. Allein mit dem Schraubenschlüssel kommt der Fachmann in der Autowerkstatt nicht mehr weit. Nicht von ungefähr haben 88 Prozent der angehenden Mechatroniker in der Befragung angegeben, dass die Digitalisierung in ihrem Metier von Bedeutung sei.
Der DGB fordert schnelle Internetverbindungen für alle Bildungsstätten. »Etwa die Hälfte der Schulen in Brandenburg verfügt 2019 noch immer nicht über einen Breitbandanschluss«, bemängelt der DGB-Bezirksvorsitzende Christian Hoßbach. »Damit die Schulen nicht von der laufenden Entwicklung abgehängt werden, muss das Land hier kräftig investieren.«
-
/ Jule Meier#noAfD: Sind Berlins Schulen medienfit?Lehrergewerkschaften und Gewaltpräventionsträger klären über Medienkompetenz für Jugendliche auf
-
/ Andreas FritscheLandesparteitag: Berliner AfD muss ausreisenLandesvorsitzende Kristin Brinker wiedergewählt
-
/ Jule MeierWas Golßen verliert, wenn »Spreewaldhof« dicht machtDie Spreewaldgurke ist nicht nur Identität, sondern stellt bei »Spreewaldhof« auch Hunderte Arbeitsplätze – die sind aktuell bedroht
Ein Ärgernis sind immer wieder die ausbildungsfremden Tätigkeiten, bei denen die Lehrlinge nichts lernen, was sie für ihren Beruf benötigen: Im Büro für den Chef Kaffee kochen, für die Kollegen auf dem Bau Bier holen, den Hof fegen. Nur 38 Prozent der Auszubildenden in Berlin und Brandenburg mussten bisher noch nie etwas derartiges tun.
Positive Beispiele gibt es. Zum Beispiel informierte neulich die Arbeitsagentur über die Ausbildungsbilanz in der Hauptstadtregion und tat dies bei einem Vor-Ort-Termin in der Diehl Metal Applications GmbH in Teltow. Dort erhalten die Lehrlinge das tariflich vereinbarte Lehrlingsgeld. Sie werden offensichtlich vorbildlich betreut und haben die Chance, von der Firma übernommen zu werden, wenn sie alle Prüfungen bestehen. So soll es sein.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.