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USA will Gasprojekt Nord Stream 2 mit Sanktionen verhindern

Washington: Deutschland begibt sich in gefährliche Abhängigkeit Russlands / Deutsche Wirtschaft fordert Gegenmaßnahmen

  • Lesedauer: 4 Min.

Washington. Das US-Repräsentantenhaus hat Sanktionen gegen Firmen im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf den Weg gebracht. Die Abgeordneten votierten am Mittwochabend (Ortszeit) mit 377 zu 48 Stimmen für ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt, in welches das Sanktionsgesetz eingefügt worden war. Erwartet wird, dass der Senat das Paket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende nächster Woche verabschiedet. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket unterzeichnen wird.

Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würde. Die deutsche Wirtschaft in Russland verurteilte die geplanten Sanktionen als Schlag gegen die Energiesicherheit in Europa und rief die Bundesregierung zu Gegenmaßnahmen auf.

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch. Der US-Kongress will die Fertigstellung des Projekts verhindern. Die Sanktionen könnten es zumindest verzögern.

Sanktionen für Folgeprojekte geplant

Die Sanktionen im »Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit« zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Auch Turkish Stream - eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll - wäre betroffen. Die Sanktionen sollen auch für Folgeprojekte beider Pipelines gelten.

Das Gesetz sieht vor, dass der US-Außenminister in Absprache mit dem Finanzminister dem Kongress binnen 60 Tagen berichtet, welche Schiffe eingesetzt werden und welche Firmen diese Schiffe zur Verfügung gestellt haben. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktionäre mit Kontrollmehrheit sollen Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktionen der Betroffenen, die sich auf ihren Besitz oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA beziehen, sollen blockiert werden können.

Nord Stream 2 kostet rund zehn Milliarden Euro. Die Leitung wird je zur Hälfte vom russischen Energieriesen Gazprom und den fünf europäischen Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert. Mehr als 90 Prozent der Strecke sind bereits fertiggestellt.

Sowohl Präsident Trump als auch Demokraten und Republikaner aus beiden Kammern des Kongresses laufen seit langem Sturm gegen Nord Stream 2. Die Auswärtigen Ausschüsse im Repräsentantenhaus und im Senat hatten bereits vor Monaten mit überwältigenden Mehrheiten Gesetzesentwürfe mit Sanktionen zu Nord Stream 2 verabschiedet. Kritiker verweisen darauf, dass die USA sich darum bemühen, ihr eigenes Flüssiggas in Europa zu verkaufen.

Deutsche Wirtschaft fordert Gegensanktionen

Der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK), Matthias Schepp, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Moskau in der Nacht zu Donnerstag: »Wir sollten auf Sanktionen, die Europa schädigen, mit Gegensanktionen antworten.« Schepp fügte hinzu: »Es ist an der Zeit, dass Berlin und Brüssel eine klare politische Position beziehen und mit gezielten Gegenmaßnahmen antworten.«

Schepp betonte, die energiepolitische Unabhängigkeit Europas stehe auf dem Spiel. Nord Stream 2 erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise - auch im Vergleich zum teureren amerikanischen Flüssiggas (LNG). Die USA wollten mit den Sanktionen den Verkauf von LNG nach Europa fördern.

»Deutschland braucht günstige Energiepreise, um mit seinen energieintensiven Industrien im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können«, sagte Schepp. Eine zu hohe Abhängigkeit von russischem Gas in Deutschland wies er als »Scheinargument« zurück. Die EU hänge bei »nüchterner Betrachtung der Fakten unzweifelhaft weniger vom russischen Gas ab als Russland von den Deviseneinnahmen für in die EU geleitetes russisches Gas«. Die Sanktionen würden aber weniger Russland treffen, sondern in erster Linie europäische Unternehmen und deutsche Energieinteressen.

Gemeinsames Projekt von Demokraten und Republikanern

Eingebracht haben das Gesetz der republikanische Senator Ted Cruz und die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen. Cruz erklärte vor der Verabschiedung durch das Repräsentantenhaus, man werde sicherstellen, dass die Sanktionen voll umgesetzt würden. Shaheen nannte das Gesetz eine »überparteiliche Botschaft des Kongresses an Wladimir Putin, dass die Vereinigten Staaten nicht tatenlos zusehen werden, während der Kreml versucht, seinen bösartigen Einfluss weiter zu verbreiten«.

Das US-Außenministerium hatte bei einer Anhörung im Senat in der vergangenen Woche eingeräumt, dass diplomatische Versuche, die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline zu verhindern, bislang nicht zum Erfolg geführt hätten. Trump hat bereits vor Monaten gewarnt, Deutschland könnte mit der Pipeline zur »Geisel Russlands« werden. dpa/nd

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