- Berlin
- Hauptstadtflughafen
BER ohne Gewähr
Untersuchungsausschuss besichtigte das Bau- und Prüfgeschehen auf der Flughafenbaustelle
Bei ihrem Besuch in Schönefeld hatten die Mitglieder des Untersuchungsausschusses BER II des Berliner Abgeordnetenhauses am Freitag gerade sensible Bereiche sehen wollen. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup ist ihnen diesbezüglich nichts schuldig geblieben. Quer durchs Baugeschehen geleitete er die Kontrolleure zum von Arbeitslärm erfüllten Terminal T2, verwies unterwegs auf den Rohbau des neuen Bundespolizeigebäudes in der Nachbarschaft. Binnen weniger Wochen in Modulbauweise hochgezogen, sollen dort ab dem Sommer 200 Beamte Dienst tun. Beide Gebäude zusammen sollen am Ende weniger als 200 Millionen Euro kosten, und damit, wie der BER-Chef betonte, unter dem geplanten Budget bleiben.
An dem vom Generalauftragnehmer Zechbau preiswert nach Industriestandards erbauten Terminal T2 war im Juli Richtfest gefeiert worden. Zur BER-Eröffnung am 31. Oktober 2020 soll es betriebsbereit sein und zusätzlich zur mit 27 Millionen Fluggäste pro Jahr viel zu knapp bemessenen Passagierkapazität des Hauptterminals (T1) sechs Millionen Abfertigungen ermöglichen. Erstaunen löste der Tempozuwachs aus, den die inzwischen auch an den Sonn- und Feiertagen durcharbeitenden Gewerke am Bau vorlegen: Im Erdgeschoss ist bereits die Gepäcksortieranlage installiert, in der ersten Etage wird der Einbau von Läden und Gastronomie vorbereitet. An vier Sicherheitslinien können hier stündlich bis zu 1600 Personen kontrolliert werden. Der Baufortschritt nötigte den Abgeordneten Respekt ab. Doch während sich Technikchef Carsten Wilmsen zuversichtlich zeigte, den Fertigstellungstermin zu halten, blieb sein Chef zurückhaltend: »Garantieren möchte ich das zum jetzigen Zeitpunkt nicht«, sagte Lütke Daldrup.
Echte Flughafenatmosphäre wollte sich bei der Abordnung allerdings auch im schicken, hell erleuchteten Hauptterminal nicht einstellen. Noch herrscht in den weiten Hallen, zwischen den Schaltern und auf dem riesigen »Marktplatz« im Zentrum, wo sich die Fluggäste nach Check-in und Sicherheitskontrolle bald die Zeit mit shoppen, essen und trinken vertreiben sollen, gähnende Leere. Das Geschoss darunter wirkt wie in eine stillgelegte Werkhalle, seit Jahren halten Wartungskräfte dort die Gepäckanlage einsatzbereit.
Den BER ist dank seines direkt unter dem Terminal gelegenen S- und Fernbahnhofs laut Lütke Daldrup vor allem »ein Flughafen der kurzen Wege«. Seit Jahren fertig, bereitet der noch immer Sorgen, wie die Parlamentarier erfuhren. An der Schnittstelle zwischen Terminal und Bahnanlagen funktionierte zuletzt das Zusammenspiel der Brandschutzanlagen nicht korrekt, sodass die Bahn nachrüsten musste. Die erforderliche Wirkprinzipprüfung will der TÜV hier im Januar abnehmen.
Dass der BER auch lange Wege bietet, zeigte sich beim Gang durch seine »Unterwelt«, wo die Abgeordneten wunschgemäß Einblicke in sonst unzugängliche Bereiche wie die »Brandmeldezentrale 61«, in Kabel- und Medienkanäle erhielten.
Am Ende der Tour blieb der Eindruck, dass der Untersuchungsausschuss »diesmal sehr viel zu sehen bekommen habe«, Dinge, die in der Vergangenheit viel diskutiert worden seien, wie etwa SPD-Obmann Jörg Stroedter hervorhob. Allgemein anerkannt wurde der große Baufortschritt, der die Abgeordneten - je nach parteipolitischer Präferenz - in der Gewissheit oder aber, bei aller Skepsis, in dem Wunsch bestärkte, dass der Eröffnungstermin des BER diesmal gehalten werde.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.