Kein Widerspruch

Die Initiative »Workers for Future« will Klimabewegung und Gewerkschaften zusammenbringen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Umwelt und Klima waren in der vergangenen Zeit wiederkehrende Themen im öffentlichen Diskurs. Einige Linke scheinen sich daher zu fragen, ob die Gefahr besteht, dass soziale Themen an den Rand gedrängt werden. Zuletzt gab es wohl auch aufgrund dieser Sorge verschiedene Versuche, die Trennung von der Umwelt- und Klimabewegung einerseits und gewerkschaftsnahen Positionen andererseits zu überwinden.

Jüngst haben sich in diesem Zuge bundesweit Initiativen mit dem Namen »Workers for Future« (Arbeiter für die Zukunft) gegründet, die sich an die Klimajugendbewegung »Fridays for Future« anlehnen. »Arbeitsplätze dürfen kein Argument gegen Klimaschutz sein«, heißt es so auch in einem Aufruf von mehreren »Workers for Future«-Gruppen. In dem Papier fordern sie, sich mit dem Klimastreik zu solidarisieren, unterschrieben haben zahlreiche Gewerkschafter*innen und Betriebsräte.

Die Grundidee stößt auf reges Interesse unter Linken. »Wir glauben, dass gerade verschiedene Leute unabhängig voneinander versuchen, sich unter diesem Label aus einer Klassenperspektive in die Ökobewegung einzumischen«, erklärte ein Aktivist namens Max von der Leipziger Gruppe »translib« auf einer Veranstaltung im Berliner Sozialtreff »Vierte Welt«. Bei »translib« handelt es sich um ein Projekt, dass seit Jahren Texte zur linken Debatte diskutiert, aber auch selbst immer wieder in außerparlamentarische Bewegungen mit eigenen Veröffentlichungen interveniert.

Zum Klimastreik am 20. September verteilte die Initiative einen Text unter dem Titel »Was bleibt von der Welt am Ende des Monats?« Mit der Überschrift nahmen sie Bezug auf die unterschiedlichen Realitäten von manchen mittelständischen Klimaaktivist*innen und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Während die Umweltaktivist*innen von dem Ende der Welt reden, müssen viele Beschäftigte dafür kämpfen, dass sie genug Geld für das Überleben bis zum Monatsende haben, so der Vorwurf.

In dem Text liefern die Aktivist*innen auch Argumente, warum die Umweltfrage kein Problem des individuellen Konsums ist. »Nachhaltiger Konsum ist nicht allein eine Frage des Willens, sondern auch eine Frage des Geldbeutels«, heißt es. Die Verfasser*innen machen mit ihren Erklärungen deutlich, dass Konsumverzicht auch eine Klassenfrage ist.

In der Flugschrift wird weiter kritisiert, dass es bisher kaum gelungen ist, die Klimaproteste auf das Terrain der Produktion auszudehnen. Die »translib«-Aktivist*innen wollen die Diskussion darüber anregen, dass die Arbeiter*innen die Produktion in die eigene Hand nehmen und frei von Kapitalinteressen dann entscheiden könnten, bestimmte umweltschädliche Produkte nicht mehr herzustellen. Die Aktivist*innen stießen nach eigener Aussage mit ihren Texten durchaus auf Interesse bei jungen Klimaaktivist*innen. Es sei aber auch schon vorgekommen, dass ihnen Ordner*innen das Verteilen der Flugblätter auf den Demonstrationen untersagen wollten. Schließlich trägt auch die Umweltbewegung die Parole »Nicht links - nicht rechts« vor sich her.

Die Gruppe »translib« hatte im September 2014 mit ihren 16 Thesen zur damals in Leipzig tagenden Degrowth-Konferenz die Postwachstumsbewegung einer fundamentalen Kritik unterzogen. Ihre aktuellen Aufrufe, in denen es um eine positive Bezugnahme auf die Klimaaktivist*innen geht, sieht »translib« jedoch nicht als Widerspruch, sondern als Fortsetzung ihrer ideologiekritischen Arbeit. Schließlich kann auch eine radikale theoretische Kritik eine gute Unterstützung für eine Bewegung sein.

Leider fehlte dieser kritische Duktus bei einem großen Teil des Publikums in Berlin. Vielen dürfte es vor allem wohl ums Mitmachen in einer momentan großen Bewegung gegangen sein. Entsprechend wurden auch die ideologischen Prämissen von »Fridays for Future« an diesem Abend kaum hinterfragt.

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