- Sport
- Fußball
Hardrock statt Operette
Schalke 04 setzt auch im Bundesligaduell in Wolfsburg notgedrungen auf Malocherfußball
Seine früheren Kollegen aus Frankfurt am Main hat Bastian Oczipka gerade wiedergesehen - und aus aktuellem Anlass musste der gebürtige Rheinländer dabei auch an seinen Wechsel ins Ruhrgebiet vor zweieinhalb Jahren denken. Beim 1:0 über die Eintracht half der Linksverteidiger am Sonntag 80 Minuten in der Abwehrzentrale aus - weil sich Weston McKennie schon früh die Schulter ausgekugelt hatte. Der US-Nationalspieler wird den Schalkern länger fehlen - weswegen Oczipka jetzt gedanklich im Sommer 2017 landete.
»Ich habe schon bei meiner Ankunft auf Schalke gesagt, dass ich diese Position spielen könnte, wenn es mal irgendwie nicht passt. Ich traue es mir zu, es ist nichts komplett Neues für mich, weil ich sie in Frankfurt auch schon besetzt habe«, erwähnte der 30-Jährige angesichts der immer größeren Lücken im Abwehrzentrum der Gelsenkirchener. Mit Salif Sané, Matija Nastasic und Benjamin Stambouli müssen dort drei Stammkräfte passen. McKennie, der nun auch langfristig ausfallen wird, ist der Vierte dieser unglückseligen Reihe.
Zu Wochenbeginn machten Nastasic und Stambouli zumindest zarte Andeutungen, dem Ligavierten in den zwei schweren Spielen vor Weihnachten - an diesem Mittwoch in Wolfsburg und am Sonnabend gegen Freiburg - irgendwie weiterhelfen zu können. Trainer David Wagner rechnete allerdings erst einmal damit, beim VfL mit der Defensivformation zu starten, die den knappen Vorsprung gegen Frankfurt am Sonntag unter größtem Einsatz über die Ziellinie gebracht hatte.
Die ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen wurden durch das brutale Foul von Torwart und Kapitän Alexander Nübel an Frankfurts Mijat Gacinovic weiter verkompliziert. Schalkes Nummer eins flog für seinen Kung-Fu-Tritt nach gut einer Stunde vom Platz und wurde am Dienstag mit einer Sperre von vier Spielen belegt.
Nübel hatte sich direkt bei Gacinovic entschuldigt und bekam am Tag danach dafür den Dank des mit einer Rippenprellung recht glimpflich davongekommenen Serben übermittelt. »Das Spiel war mir am Ende sogar ein bisschen egal, in erster Linie habe ich an Gacinovic gedacht«, erklärte der 23-jährige Schlussmann - nach einem Spiel, über das sein Trainer urteilte: »Das war ein ganz besonderer Sieg. Wegen all der Widerstände, die wir überwinden mussten. Wir mussten über unsere Grenzen gehen.«
Die Frage, ob die verbliebene Substanz ausreiche, auch die letzten zwei Hürden vor der Winterpause gegen direkte Konkurrenten im Kampf um die Europapokalplätze zu überwinden, beantwortete der 48-jährigen Wagner zwiespältig: »Wenn man sich den Kader anschaut, würde man sagen: Nein. Aber wenn ich die Energie, den Enthusiasmus und den Spirit in meinem Team sehe, sage ich: Ja.« Schließlich kämpfe man schon seit einigen Wochen mit Problemen. »Aber wir gehen das immer so an, dass wir Lösungen suchen.«
Die Lösung für die einstweilige Besetzung der Torwartposition ist klar: Den Job übernimmt der im Sommer aus Dresden gekommene Markus Schubert, dem Wagner schon in der halben Stunde gegen Frankfurt »eine ganz reife Leistung in einem ganz schwierigen Moment« attestiert hatte. Ansonsten setzt der Trainer nun noch mehr als ohnehin schon auf den gemeinsamen Beitrag seiner kickenden Mentalitätsmonster.
»Ich kann hier keinen Operetten-Fußball anbieten«, lautet Wagners Haltung beim Job auf Schalke - wo sein Personal Woche für Woche eher sportlichen Hardrock anbietet. Als Sinnbild dafür steht das Treffen von Bastian Oczipka mit dem 19-jährigen Angreifer Rabbi Matondo, der sich gegen Frankfurt die Lunge aus dem Leib gelaufen war. Später lagen der junge Waliser und der neue Aushilfs-Innenverteidiger gemeinsam im Eiswasserbecken. »Dort habe ich ihm gesagt, er soll lange genug drinbleiben«, berichtete Oczipka. »Damit er gegen Wolfsburg wieder Gas geben kann.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.