Wie zu Meisterzeiten

Die Eisbären Berlin lassen trotz vieler Verletzter ihre Fans schon vor Weihnachten feiern

  • Manfred Hönel
  • Lesedauer: 4 Min.

»Frohe Weihnacht«, sangen am Sonntagabend die Berliner Eishockeyfans - und hatten allen Grund dazu. Die Eisbären verabschiedeten sich in der Arena am Ostbahnhof mit einem 2:0 (1:0, 1:0, 0:0)-Sieg gegen die Nürnberger Ice Tigers in die Feiertage.

Das Sahnestück hatten die Berliner ihren Zuschauern allerdings schon zwei Tage vorher serviert, als ihnen ein 5:1-Erfolg gegen den Deutschen Meister Adler Mannheim gelungen war. Vor ihrem Auftritt in der Hauptstadt konnten die Kurpfälzer zehn Siege am Stück feiern. Die beide Topvorstellungen der Eisbären lockten vor den Feiertagen insgesamt 27 112 Zuschauer auf die Tribünen. Ein willkommenes Weihnachtsgeschenk für EHC-Geschäftsführer Peter John Lee. Auch die Fans fühlten sich beschenkt: Beim Abmarsch aus der Arena waren am Sonntagabend solche Sätze zu hören: »Das war Eisbären-Hockey wie früher zu Meisterzeiten.«

Ohne Bart, Sack und roten Mantel stieg Berlins Marcel Noebels dennoch zu einer Art Knecht Ruprecht auf. »Mit unseren engagierten Spielen hat nach unserer 1:5-Pleite gegen Krefeld wohl keiner gerechnet. Wir haben gegen Nürnberg im letzten Drittel mit nur neun Stürmern durchgehalten. Aber wir dürfen jetzt nicht gleich wieder verlieren, sonst ist der vierte Platz schnell in Gefahr«, warnte der 27-Jährige.

Noebels entwickelt sich immer deutlicher zur Führungsfigur der Eisbären. Mit 15 Toren und 26 Scorerpunkten gilt er im Moment nicht nur als Offensivkönig in Berlin. Er zeigt sich zwischen den Banden auch immer mehr als Motivator, jagt vorn nach Toren und blockt in der Abwehr geschickt gegnerische Angriffe ab. Bei den beiden Wochenendpartien stürmte er 50 Minuten über das Eis - eine gewaltige Dauerbelastung. »Ich habe die Zeit gar nicht gespürt. Es freut mich, wenn der Trainer so viel Vertrauen zu mir hat«, wischt Noebels den äußerst intensiven Eisaufenthalt als selbstverständlich zur Seite.

Neben Noebels oder Haudegen wie Maxim Lappiere und Marc Olver sowie dem schnellen Austin Ortega blühen auch Nachwuchsspieler wie Sebastian Streu auf. Gegen Mannheim traf der 20-Jährige gegen Schwedens Weltmeistergoalie Johan Gustafsson zum zwischenzeitlichen 3:1. »Ich weiß nicht genau wie, aber ich hatte plötzlich die Scheibe am Schläger und dachte nur, jetzt hämmerst du das Ding aufs Tor«, schilderte Streu seinen überhaupt erst zweiten Treffer in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Gegen Nürnberg konnte er zwar nicht jubeln, hetzte aber mit seinen Attacken die Nürnberger derart hin und her, dass diesen die Angriffslust verging: Die Eisbären zielten dreimal mehr aufs Tor als ihr Gegner.

Nur Lobgesänge und Feiertagslaune bringen den Eisbären aber noch lange keinen Playoff-Platz - und schon gar keinen Meistertitel. Wie aus den Worten von Berlins Trainer Serge Aubin unschwer herauszuhören ist: »Meine Mannschaft hat Charakter gezeigt. Wir müssen auf neun verletzte Spieler verzichten und konnten trotz unserer sehr kurzen Bank am Wochenende sechs Punkte einfahren und den vierten Rang verteidigen. Dafür danke ich den Spielern und hoffe, dass sie in den nächsten beiden Tagen den Akku aufladen können.« Mehr Zeit bleibt ihnen dafür nicht, denn schon am 25. Dezember bittet Aubin schon wieder zum Training in den Wellblechpalast.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag geht es schon wieder um DEL-Punkte - in Straubing. Und wiederum nur 24 Stunden später geht es im nächsten Heimspiel gegen die Bremerhavener. Profisport ist eben nicht nur Beifallsrauschen und dicke Kohle, sondern auch Kraft- und Willenseinsatz bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Die dichte Spielfolge im Dezember kann die Reserven - besonders bei solch intensiven Spielen wie am vergangenen Wochenende - schnell aufbrauchen. Die lange Ausfallliste mit Leonhard Pföderl, Sean Backman, John Ramage, Louis-Marc Aubry, Pierre-Cedric Labrie und Vincent Hessler macht es nicht besser. Zudem scheint Florian Busch bei den Berlinern bereits abgeschrieben. Der 34-Jährige gehört immerhin das 18. Jahr zu den Eisbären. Zwar steht der Bayer immer noch unter der Rubrik »verletzt« in den Eisbären-Nachrichten, ist seit Wochen aber kaum zu sehen.

Bei dieser schwierigen Konstellation muss die Frage erlaubt sein, warum das Eisbären-Management so knausrig bei den Vertragsabschlüssen war? Und warum durchaus entwicklungsfähige Spieler wie Daniel Fischbuch, Sven Ziegler, Laurin Braun, Alex Trevilatto, Maximilian Adam, Henry Haase oder Charlie Jahnke verabschiedet wurden. Diese Spieler hätten in dieser intensiven Zeit sicherlich hilfreich sein können.

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