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Die letzte Würde und die Würde der Letzten
Stephan Fischer über »Sozialbegräbnisse« in einem zunehmend unsozialen Land
Wie stark eine Gesellschaft ist, zeigt sich im Umgang mit den Schwächsten. Eine starke Gesellschaft leistet es sich, jene aufzufangen, die vermeintlich nichts oder nichts mehr leisten – weil sie weiß, dass, hörte sie damit auf, sie auch aufhörte Gesellschaft zu sein. Den Menschen Würde zuzugestehen, sei es der Letzte und sei es das Letzte – das ist letztlich grundlegend für gutes menschliches Zusammenleben.
Betrachtet man die Zahl der Sozialbestattungen und die Debatte darum, ist diese Gesellschaft auf einem schlechten Weg. Sicher, es sind nicht nur ökonomische Ursachen, die Menschen vereinsamt sterben lassen. Aber ein grundlegender Faktor ist eben: Armut. Die Zahl der »Armutsbegräbnisse« sinkt kaum, obwohl das Land doch immer reicher wird, die Wirtschaft immer weiter wächst. So offenbart sich noch im Tod, wie der Wohlstand hierzulande verteilt ist. Zweitens zeigt sich, wie Würde zurückstecken muss, wenn der Mensch auch noch in seinem Ableben vor allem als Kostenfaktor betrachtet wird. Bittere Ironie: Wer heute Geld vom Amt für die Bestattung von Angehörigen erhalten möchte, muss sich in dieser Ausnahmesituation zuvor noch einer Einkommens- und Vermögensprüfung unterziehen. Bis 2003 war das Sterbegeld eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Es hat die Kosten einer Bestattung nicht einmal gedeckt – diese Leistung wurde aber trotzdem im Zuge der Agenda 2010 mitbeerdigt. »Eine Gesellschaft muss sich Würde auch leisten können«, mögen nun die Gürtel-enger-schnallen-Vertreter entgegnen. Natürlich muss sich eine Gesellschaft Würde leisten - denn ohne Würde leistet sie gar nichts.
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