Will Wildau ein Grundstück zu billig abgeben?

Linksfraktion und Chef der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft sperren sich gegen Verkauf an einen Investor

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Auf dem 4600 Quadratmeter großen Grundstück in Wildau (Dahme-Spreewald) liegen Altlasten, und es liegt nicht gerade idyllisch zwischen einer Bahnstrecke und einer Landstraße. Trotzdem glauben Sachverständige, dass dafür eventuell ein Preis von mehr als zwei Millionen Euro erzielt werden könnte, berichtete der Fernsehsender rbb am Montagabend. Schließlich verfügt Wildau über eine S-Bahnanbindung nach Berlin, und in der Hauptstadt herrscht Wohnungsnot. Deswegen sind Wohnungen inzwischen auch in Wildau Mangelware. Der rbb interviewte dazu den Immobilienmakler Martin Baer, der verriet, dass jedes Angebot, das er hereinbekomme, innerhalb von zwei Wochen reserviert und dann schnell verkauft sei.

Längst verkauft sein sollte angeblich auch das eingangs genannte, 4600 Quadratmeter große Grundstück. Noch gehört es der städtischen Wildauer Wohnungsbaugesellschaft mbH (WiWO), zu deren Bestand rund 1900 Wohnungen gehören. Ein österreichischer Investor sollte es für 575 000 Euro bekommen. »Für ’nen Appel und ’n Ei«, sagt Wildaus Linksfraktionschef Heinz Hillebrand über diese Summe, die nach seiner Kenntnis weit unter dem tatsächlichen Wert liegt. Eigentlich hätte Hillebrandt nach eigener Auskunft gar nichts dazu sagen dürfen. Der Aufsichtsrat der WiWO, dem er angehört, sei zum Stillschweigen angehalten worden. Doch das kommt für Hillebrandt nicht infrage. Als Aufsichtsratsmitglied sei er verpflichtet, Schaden von der WiWO abzuwenden. Sonst »wäre ich selbst dran«, meint er. Der Deal sollte am Stadtparlament vorbei erfolgen, bestätigte Hillebrandt dem »nd«, was er auch dem rbb gesagt hatte.

WiWO-Geschäftsführer Frank Kerber will das Grundstück nicht für 575 000 Euro verkaufen. Er möchte es überhaupt nicht veräußern. Denn in der Gegend gebe es jetzt schon ein Stellplatzproblem, sagte er dem rbb. Ein von der WiWO in Auftrag gegebenes Gutachten bescheinige dem Grundstück einen Wert von 1,6 Millionen Euro, heißt es. Doch Bürgermeisterin Angela Homuth (SPD) und andere sollen Druck auf Kerber ausgeübt haben. Er sei abgemahnt worden und man habe ihm mit Kündigung gedroht, falls er den geplanten Verkauf nicht abwickelt, so der rbb.

Die Stadtverwaltung gab mittlerweile ein eigenes Gutachten zum Grundstückswert in Auftrag. »Das Gutachten liegt noch nicht vor. Wir rechnen damit erst Ende Januar«, erklärt Vizebürgermeister Marc Anders (parteilos). Er hat zu dem Fall eine ganze Reihe von Anmerkungen. Zunächst einmal hält er es für fragwürdig, dass bei dem Grundstücksgeschäft zwei Millionen Euro herauszuholen seien. Er kenne keinen Gutachter, der das behaupte. Schließlich sei der Boden des Areals kontaminiert, sagt er. Die Altlasten zu beseitigen, könne schätzungsweise 300 000 bis 700 000 Euro kosten, vielleicht sogar deutlich mehr. Um das zu illustrieren, erzählt Anders von einem anderen Gebiet in Wildau, bei dem die Altlastensanierung vorher mit 400 000 Euro veranschlagt gewesen sei, tatsächlich aber das Vierfache gekostet habe. Rechne man die geschätzten Kosten der Altlastensanierung ein und bedenke das Risiko, dass es noch teurer wird, dann seien die 575 000 Euro Kaufpreis und der in dem Gutachten ermittelte Wert von 1,6 Millionen Euro nicht weit voneinander entfernt. Im übrigen handele es sich keineswegs um einen »Deal« am Stadtparlament vorbei. Es sei »ein ganz normales Grundstücksgeschäft« und solche Dinge seien in Wildau noch nie in der Stadtverordnetenversammlung behandelt worden. Davon abgesehen sei der Aufsichtsrat nicht extra zum Stillschweigen vergattert worden. Die Pflicht zur Verschwiegenheit bestehe generell. Das sei gesetzlich so vorgeschrieben.

Zum Umgang mit Geschäftsführer Kerber könne er nichts sagen, da dies eine Personalangelegenheit sei, bedauert der Vizebürgermeister. Nur soviel möchte er dazu anmerken: Es seien normale arbeitsrechtliche Instrumente eingesetzt worden.

Auf dem betreffenden Grundstück und auf dem Nachbargrundstück, das dem Investor bereits gehört, soll laut Marc Anders ein aufeinander abgestimmtes Quartier mit Wohnungen entstehen, die alle mit Tiefgaragen ausgestattet sind. Der Investor werde am 28. Januar im Bauausschuss des Stadtparlaments über das Bauvorhaben informieren.

Linksfraktionschef Hillebrandt berichtet indes, der Investor biete beide Grundstücke - 4600 und 6000 Quadratmeter groß - bereits für zusammen 7,8 Millionen Euro zum Weiterverkauf an.

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