- Wirtschaft und Umwelt
- Claudia Weinkopf
Arbeitsmarktforscherin fordert das Aus für 450-Euro-Jobs
Claudia Weinkopf: »In Minijobs erhalten die Beschäftigten oft nur den gesetzlichen Mindestlohn oder auch noch weniger.« / Besonders Frauen riskieren Altersarmut
Essen. Bei Minijobs verstoßen Unternehmen laut Arbeitsmarktforscherin Claudia Weinkopf häufig gegen das Gesetz. »In Minijobs erhalten die Beschäftigten oft nur den gesetzlichen Mindestlohn oder auch noch weniger«, sagte die stellvertretende Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Außerdem erhielten geringfügig Beschäftigte entgegen der Rechtslage nur selten bezahlten Urlaub sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und für Feiertage, erklärte Weinkopf.
Lesen Sie auch: Viele bleiben ausgeschlossen. Menschen mit sehr niedrigen Einkommen erhalten keine Grundrente
Die Arbeitsmarktexpertin kritisiert Minijobs, für die die Beschäftigten weder Steuern noch Sozialabgaben zahlen müssen, auch aus anderen Gründen. Insbesondere verheiratete Frauen riskierten wegen eines kurzfristigen materiellen Vorteils Altersarmut. »Frauen in 450-Euro-Jobs verlassen sich darauf, über ihren Ehemann sozial abgesichert zu sein«, erklärte Weinkopf. Nach einer Trennung stünden sie aber häufig vor erheblichen finanziellen Problemen. Wer lange in einem Minijob gearbeitet habe, finde später nur schwer eine auskömmliche Beschäftigung.
Etwa drei Millionen der insgesamt 7,6 Millionen Minijobber in Deutschland haben einen 450-Euro-Job zusätzlich zu ihrem Hauptberuf. Laut Bundesagentur für Arbeit steigt ihre Zahl. In solchen Fällen müsse die Abgabenfreiheit für Minijobs »dringend abgeschafft werden«, forderte Weinkopf. Es gebe »überhaupt keine Rechtfertigung dafür, dass Beschäftigte mit einem Hauptjob im Umfang von zum Beispiel 20 Stunden pro Woche und einem Nebenjob von 10 Stunden pro Woche weniger Steuern und Sozialgaben zahlen müssen als Beschäftigte, die ebenfalls 30 Stunden pro Woche arbeiten, aber bei nur einem Arbeitgeber«.
»Aus meiner Sicht sollte die Geringfügigkeitsgrenze entweder komplett abgeschafft oder auf eine Bagatellgrenze von etwa 100 oder 150 Euro pro Monat abgesenkt werden«, sagte Weinkopf. Für die Umwandlung von Minijobs in reguläre Beschäftigung spreche viel. »Denn dann könnten Beschäftigte auch mal mehr arbeiten oder ihre Arbeitszeit dauerhaft ausweiten zu einer regulären Teilzeitbeschäftigung, die ihnen mehr Geld und eine soziale Absicherung bringt«, sagt Weinkopf. Außerdem seien Arbeitgeber bei regulär Teilzeitbeschäftigten eher bereit, Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten. epd/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.