- Politik
- Vorwahl der US-Demokraten
Wahlchaos in Iowa
Wegen Programmierfehlern bleibt Ergebnis der ersten Vorwahl der US-Demokraten aus
Verwirrung, Chaos, eine Katastrophe - mit solchen Begriffen bezeichneten die großen Mainstreammedien die Caucus-Abstimmungen in Iowa. Denn der US-Bundesstaat, der seit fast 50 Jahren den Auftakt für die parteiinternen Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur übernimmt, stolperte in den Montagabendstunden von Wahlpanne zu Wahlpanne. Normalerweise werden die Ergebnisse bereits vor Mitternacht bekannt gegeben. Doch noch am Mittag danach herrschte Unklarheit darüber, weshalb die Führung der Demokraten in Iowa nicht in der Lage war, das weltweit verfolgte Rennen nachvollziehbar zu machen.
»Ungereimtheiten« habe es bei der Auszählung gegeben, hieß es in einer Erklärung der Demokraten. Angeblich gab es zahlreiche Probleme, als Wahlleiter der fast 1700 Wahlbezirke versuchten, die Abstimmungsergebnisse zu übermitteln. Eine App, die dazu eingerichtet worden war, wies einen Programmierfehler auf. Die Partei wollte die Wahlresultate möglichst noch am Dienstag veröffentlichen (nach Redaktionsschluss): Die Abstimmung werde im Laufe des Tages mithilfe von Fotos und handschriftlichen Notizen verifiziert und bekannt gegeben werden, hieß es.
Nachdem die Kandidaten kurz vor Mitternacht über die Pannen informiert worden waren, traten sie in Iowa vor ihren Anhängern auf. Der demokratische Sozialist Bernie Sanders, der in Umfragen vorne lag, wiederholte nach einem Witz über die Panne seine politischen Grundsätze. Der »moderate« Zentrist Pete Buttigieg, dem ein gutes Ergebnis vorhergesagt wurde, stellte sich, obwohl keine Ergebnisse vorlagen, als Gewinner von Iowa dar. »Iowa, du hast die Nation geschockt. Denn nach allen Anzeichen fahren wir siegreich nach New Hampshire«, sagte der Ex-Bürgermeister der knapp über 100.000 Einwohner zählenden Stadt South Bend im Bundesstaat Indiana. Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden beschwerte sich in einem Schreiben an den Landesverband der Demokraten über die Probleme und forderte, die Kampagnenvertreter müssten sich noch vor Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse äußern dürfen.
Das Sanders-Team veröffentlichte Ergebnisse, die es noch in der Nacht von der Hälfte der Wahlbezirke von eigenen Mitarbeitern erhalten hatte. Demnach siegte Sanders mit 29,7 Prozent, gefolgt von Buttigieg und Warren. Biden landete an vierter Stelle mit nur 12,4 Prozent. Doch die Pannen dürften das spektakulär schlechte Abschneiden von Biden übertünchen und gleichzeitig die Schubkraft von Sanders als ein Sieger der Vorwahlen in Iowa mindern.
Sanders Iowa-Strategie bestand in dem Versuch, so viele Wähler wie möglich zur Teilnahme an den Caucus-Abstimmungen zu bewegen und dabei insbesondere auf Nicht-Wähler und politisch Desillusionierte zuzugehen. Diese Herangehensweise scheint sich nach ersten Aussagen von Parteifunktionären aber nicht ausgezahlt zu haben. Die Wahlbeteiligung in Iowa sei niedriger als vor vier Jahren gewesen, hieß es.
Verlierer in Iowa seien angesichts der Wahlpannen der Bundesstaat selbst sowie die Demokratische Partei, lauteten zahlreiche Kommentare. Dem Staat im Mittleren Westen müsse das Privileg entzogen werden, als erster Vorwahlstaat alle paar Jahre im weltweiten Rampenlicht zu stehen. In der Demokratischen Partei gibt es schon länger die Kritik, dass die mehrheitlich weiße und ältere Wählerschaft in dem Bundesstaat nicht repräsentativ für die Diversität der Parteianhänger stehe. Dazu sei die erste Dynamik, die aus dem Ergebnis hervorgehe, angesichts der wenigen Wahlmännerstimmen aus Iowa überschätzt. So trat Michael Bloomberg, der New Yorker Ex-Bürgermeister und Milliardär, dort gar nicht erst an und konzentriert sich nur auf jene Bundesstaaten, die für die Mehrheitsfindung wirklich wichtig sind.
Als der wahre Sieger könnte sich Trump erweisen. Hämisch sprach das Weiße Haus von der »der schlampigsten Vollkatastrophe der Geschichte«. Und weiter: »Sind das die Leute, die unser gesamtes Gesundheitssystem organisieren wollen?«
Inzwischen zog die Wahlkampfkarawane nach New Hampshire weiter. Dort finden am kommenden Dienstag die nächsten Vorwahlen statt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.