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Playstation und falsche T-Shirts
Neuzugang Daniel Frahn vom SV Babelsberg 03 versucht zu erklären, wieso er in Chemnitz mit Neonazis anbandelte
Mit gesenktem Kopf und verschränkten Armen sitzt Daniel Frahn den Journalisten und Kameraleuten gegenüber. Der Presseraum im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion ist nach Spielen des Regionalligisten SV Babelsberg nur selten so gut besucht wie an diesem Montag. Etwa zwei Dutzend Medienvertreter verteilen sich im Raum. Ein Hintergrundgespräch ist angesetzt: Es soll um den neuen Stürmer und dessen umstrittene Vergangenheit gehen.
Frahn ist gebürtiger Potsdamer, kurz vor Ende des Transferfensters wurde er vom linksalternativen Kiezverein SV Babelsberg 03 verpflichtet, der sich öffentlich gegen Rechtsextremismus engagiert. Im August 2019 war ihm beim Chemnitzer FC fristlos gekündigt worden. Vorwurf: Er soll sich durch offenkundig zur Schau gestellte Sympathie gegenüber rechts gesinnten Gruppierungen vereinsschädigend verhalten haben. Das Arbeitsgericht Chemnitz erklärte die Kündigung des ehemaligen Kapitäns jedoch für unwirksam. Schließlich kam es Ende Januar zur einvernehmlichen Vertragsauflösung und zur Verpflichtung durch den SV Babelsberg.
Als Frahn verpflichtet war, zeigten sich viele Babelsberger Fans empört: Bei seinem ersten Einsatz gegen Chemie Leipzig wurde Frahn nicht nur von den Gäste-Anhängern als Nazi beschimpft, auch ein paar Babelsberger machten ihrem Unmut Luft. Was hat einer wie Daniel Frahn in Babelsberg zu suchen? Vergangenen Donnerstag schon stellte sich der 32-Jährige den Anhängern, am Montag den Medien.
Zu Beginn des Pressegesprächs ist Frahn nur Zuhörer. Er hört dem Vereinspräsidenten Archibald Horlitz zu. Dieser erklärt, wie es zur Verpflichtung des Stürmers kam, die den Potsdamer Viertligisten deutschlandweit in die Schlagzeilen brachte. Horlitz begründet seine vielkritisierte Kommunikationsstrategie mit taktischen Überlegungen. Nur die mediale Zurückhaltung habe es ihm ermöglicht, sich in Ruhe mit dem CFC zu einigen, letztlich sei der Deal erst 48 Stunden vor Ablauf des Transferfensters zustande gekommen. Die Vereinsseite betont weiterhin, es gehöre gerade zu den Stärken des SV Babelsberg, Menschen die Fehler gemacht hätten, eine zweite Chance zu geben.
Anschließend erhält der Betroffene selbst das Wort. Daniel Frahn gibt sich sichtlich Mühe, seine Worte mit Bedacht zu wählen und sein Statemente professionell vorzutragen. Er wirkt angespannt - hier zu sitzen, ist ihm sich sichtlich unangenehm. »Die T-Shirt-Aktion war der größte Fehler meines Lebens« sagt er mit fester Stimme. »Ich bin kein Nazi und war nie ein Nazi. Ich war auch kein Sympathisant einer rechten Gesinnung, war nie in einer Gruppe oder habe mit einer Gruppe sympathisiert.« Er habe aber die Personen aus der Chemnitzer Fanszene, mit denen er verkehrte, nicht ausreichend hinterfragt - ein folgenschwerer Fehler.
Wenn er auf Fragen der Journalisten antwortet, kann man sich vorstellen, wie Daniel Frahn redet, wenn er nicht auf der Bühne sitzt und keine Kameras auf ihn gerichtet sind. Er berlinert, findet klare Worte. Dass dieser bodenständige Kicker stets ein Liebling der Fans gewesen ist, wird schnell verständlich.
Frahn äußert sich auch zu den Vorkommnissen in Chemnitz im August 2019. Das T-Shirt mit dem Aufdruck »Support your local Hools« habe er gekauft, weil mit den Erlösen die Familie des an Krebs erkrankten Fans unterstützt werden sollte. Dass ebendiese Hools nicht als Kinder von Traurigkeit gelten, hinderte Frahn nicht daran, das Shirt beim Torjubel symbolträchtig in die Höhe zu strecken. Ebenso wenig, dass mit dem Fan-T-Shirt der Familie des verstorbenen Neonazis Thomas Haller geholfen werden sollte, für den zuvor im Stadion ein Trauerzeremoniell abgehalten worden war. Danach stand Frahn schwer in der Kritik.
Am Montag schilderte er nun, wie ihn damals ein alter Freund und Babelsberg-Fan zur Rede stellte. »Er hat mich gefragt, ob ich Drogen genommen hätte« sagt Frahn. Erst sein Kumpel habe ihn über die Gesinnung des verstorbenen Thomas Haller aufgeklärt. Umso weniger ist Frahns Naivität nachvollziehbar, der dennoch weiterhin den Kontakt zur Chemnitzer Fanszene suchte. Kurz darauf reiste der Stürmer, zu diesem Zeitpunkt verletzt, gemeinsam mit einem Mitglied einer rechten Chemnitzer Fan-Gruppierung, zum Auswärtsspiel nach Halle (Saale). Dort verfolgte er das Spiel im Gästeblock inmitten des harten Kerns der CFC-Fans.
Frahn sagt, er habe gelegentlich mit Chris J. Playstation gespielt, so auch am Tag des Auswärtsspiels in Halle. Bei der Online-Partie sei die Idee zum gemeinsamen Stadionbesuch gekommen. Frahn erinnert sich: »Ich möchte nach Halle fahren. Er möchte nach Halle fahren. Und damit keiner alleine fahren muss, fahren wir zusammen.«
Nun sei er bewusst nach Babelsberg zurückgekehrt, zu den Werten, mit denen aufgewachsen sei. Immer wieder betonte Frahn seine Dankbarkeit gegenüber dem SVB. Dazu hat er allen Grund, denn wie Horlitz darstellte, kann ein Jahr außerhalb des Spielbetriebs das Karriereende bedeuten.
In Babelsberg trifft ein Fußballer, der zu wenig hinterfragt und dennoch bewusst die Nähe zu den Fans gesucht hat, auf einen Verein, der sich verzweifelt dem Abstieg entgegenstemmt und daher jede Unterstützung gebrauchen kann.
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