- Politik
- Vorwahlen der US-Demokraten
Joe Bidens »Firewall« hält
Ex-Vizepräsident gewinnt in South Carolina mit 48 Prozent / Bernie Sanders: »Man kann nicht überall gewinnen«
Joe Biden hat die erste Vorwahl seines Lebens gewonnen – im dritten Anlauf. Seine zwei Präsidentschaftskampagnen 1988 und 2008 waren schon nach wenigen Monaten gescheitert. Doch dieses Mal führte Biden monatelang die Umfragen an, hatte dann Ende Januar den Favoritenstatus an Bernie Sanders abgeben müssen, nachdem dieser die ersten drei Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und Nevada gewonnen hatte. Das Team von Joe Biden hatte bei diesen Vorwahlen immer abgewiegelt und auf die starke Unterstützung für Obamas Vize-Präsidenten im vierten Vorwahlstaat verwiesen.
Das Ergebnis der Vorwahl in South Carolina zeigt: Seine »schwarze Firewall« hat gehalten. Joe Biden hat in dem ehemaligen Südstaat 48,8 Prozent der Stimmen und 34 Delegierte für den Nominierungsparteitag gewonnen. Insgesamt werden im Staat 54 der rund 3900 Delegierten vergeben. Die Wähler hier waren laut Nachwahlbefragung konservativer und älter als in den vergangenen Vorwahlstaaten. Afroamerikaner – viele von ihnen eher moderat und »church going« - stellen rund 60 Prozent der Wähler im Staat. Eine offenbar wichtige Hilfe: das Last-Minute-»Endorsement« des prominenten Kongressabgeordneten Jim Clyburn. Die offizielle Unterstützung durch den prominenten schwarzen Politiker gaben viele Wähler in der Nachwahlbefragung als entscheidend an. »Mein Freund Jim Clyburn hat mich zurückgebracht, dieser Wahlsieg ist für alle, die schon einmal abgeschrieben wurden«, erklärte Biden am Abend.
Sein deutlicher Sieg war ein dringend benötigter Strohhalm für die Kampagne von Biden, dessen Kandidatur nach niederschmetternden Wahlniederlagen in den anderen Vorwahlstaaten von vielen US-Medien bereits angezweifelt wurde. Und der bislang bei seinen Wahlkampfveranstaltungen deutlich weniger Menschen angezogen hat als etwa Bernie Sanders und bislang nur relativ wenig Wahlkampfspenden einwerben konnte, und zwar sowohl von Groß- als auch von Grasswurzelspendern. Nun konnte er Bernie Sanders auf Platz zwei verweisen. Der demokratische Sozialist erhielt nur 19,8 Prozent der Stimmen und kann demnach 13 Delegierte aus South Carolina mitnehmen – er führt damit weiterhin mit 56 vor dem nun Zweitplatzierten Biden, der nach aktuellem Stand durch seinen deutlichen Sieg nun 51 Delegierte hat.
Der Milliardär Tom Steyer hatte insgesamt 250 Millionen Dollar in seine Präsidentschaftskampagne investiert, besonders viel davon in South Carolina. Trotzdem fiel er mit 11 Prozent unter die 15 Prozenthürde und erhält deswegen keine Delegierten. Er beendete deswegen am Abend seine Kampagne. Der zuvor gehypte Pete Buttigieg und die linke Kapitalistin Elizabeth Warren kamen im »Palmenstaat« South Carolina nur auf acht und sieben Prozent der Stimmen und erhalten und erhalten ebenfalls keine Delegierten.
Was der Sieg in South Carolina für die am Dienstag anstehenden Wahlen in 14 weiteren Staaten bedeutet ist unklar. Die Biden-Kampagne hofft auf einen Schub, also gute Presseberichterstattung und dass sich Unentschiedene am »Super Tuesday« nun für ihn entscheiden. Doch ob das passiert ist unklar. Joe Biden hat in den Super-Tuesday-Staaten bisher kaum Wahlkampf gemacht und keine Fernsehanzeigen geschaltet. Doch hier werden am Dienstag rund ein Drittel aller Delegierten vergeben. Die Sanders-Kampagne vertraut dagegen auf ihre Freiwilligenarmee und den schon seit Monaten in vielen Staaten mit deren Energie systematisch aufgebauten Apparat in vielen Super-Tuesday-Staaten, in denen allerdings auch der Milliardär Michael Bloomberg über 400 Millionen Dollar für Anzeigen und Kampagnenbüros investiert hat.
»Man kann nicht überall gewinnen«, erklärte Sanders am Samstagabend auf einer Wahlkampfveranstaltung. Er war schon weitergezogen und trat vor Tausenden Menschen in North Carolina und Virginia auf. Laut Umfragen hat Sanders Chancen, beide Staaten südlich der Hauptstadt Washington DC zu gewinnen. Sanders große Stärke liegt jedoch woanders: Im größten US-Bundesstaat Kalifornien läuft das »early voting« bereits seit Wochen, hier liegt er in Umfragen durchschnittlich rund 20 Prozent vorne, im ebenfalls bevölkerungsreichen Texas liegt er mit rund sechs Prozent leicht vorne.
Am Wochenende trat Sanders auch in Massachusetts auf, dem Heimatstaat von Elizabeth Warren. Deren Kampagne ist nach mehreren enttäuschenden Ergebnissen angeschlagen, offenbar versucht Sanders nun, am Dienstag ihren »Hinterhof« zu gewinnen. Das Gleiche versucht der Senator aus Vermont auch mit Amy Klobuchar in Minnesota. 2016 gewann er den Staat, den seine zentristische Konkurrentin als Senatorin vertritt. Derzeit spielt sie in nationalen Umfragen kaum noch eine Rolle, doch in Minnesota hat sie Chancen zu gewinnen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.