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Nazi-Umtriebe in Basdorfer Gärten
Seit Monaten wird offenbar nicht gegen Urheber antisemitischer Schmierereien vorgegangen
Das nordöstliche Umland von Berlin gehört zu den Wachstumsregionen Brandenburgs, bei weitem nicht alle Zuzugswünsche lassen sich kurzfristig erfüllen, es fehlt vor allem auch an bezahlbaren Mietwohnungen. In Basdorf, einem Ortsteil der Großgemeinde Wandlitz (Barnim), wird derzeit an der Prenzlauer Straße an einem großzügigen Wohnpark mit angegliedertem Gewerbeareal und Freizeitanlagen gebaut - den »Basdorfer Gärten«. Neuer Wohnraum entsteht auf einem 40 Hektar großen Areal der 2006 aufgegebenen Landespolizeischule, neben Neubau vor allem durch den Umbau bestehender Unterkunfts- und Funktionsgebäude der einstigen Polizeikaserne. In wenigen Wochen sollen die ersten Mieter in eines der komplettsanierten ehemaligen Unterkunftsgebäude einziehen.
Getrübt wird die Aufbruchsstimmung durch im Oktober vergangenen Jahres aufgetauchte Hinweise, dass in den leerstehenden und lange Zeit verwahrlosten Flachbauten Rechtsextreme ihr Unwesen treiben. Später tauchten Bildbelege von an die Wände geschmierten Hakenkreuzen, SS-Runen und antisemitische Slogans auf. Auch das »nd« berichtete im November von Unbekannten, die scheinbar ungestraft NS-Symbole »an die Wände schmieren durften«. Völlig unverständlich ist, dass fast vier Monate nach den ersten Hinweisen auf die Nazi-Umtriebe die skandalösen Zustände in diesem Bereich des weitgehend öffentlich zugänglichen Geländes noch immer nicht nachhaltig beseitigt sind.
Die zum Teil unter Denkmalschutz gestellten Bestandsgebäude im zentralen Bereich der »Basdorfer Gärten« künden von der wechselhaften, höchst sensiblen Geschichte dieser Liegenschaft. Die ersten Gebäude gehörten zum Barackenlager der Bramo-Werke für ausländische Zwangsarbeiter zurück, die im Zweiten Weltkrieg Flugmotoren für die deutsche Kampfflugzeuge produzierten. In der DDR wurde es nach diversen Zwischennutzungen als Kaserne der Volkspolizei-Bereitschaften ausgebaut.
Die verwüsteten und mit NS-Symbolen verschandelten Räume befinden sich in einem Gebäude, in dem in der DDR die Verkaufsstelle der »Militärischen Handelsorganisation« (MHO) und verschiedene Werkstätten untergebracht waren. Nach der Wende befanden sich dort unter anderem Seminarräume. Ortskundige und ehemalige Mitarbeiter haben die dort herrschenden Zustände wiederholt beklagt. Dass die Gemeinde Wandlitz Bescheid wusste, bestätigt auf nd-Anfrage auch Pressesprecherin Elisabeth Schulte-Kuhnt. »Im Rahmen der Einwohnerfragestunde der Basdorfer Ortsbeiratssitzung am 6. November 2019 informierte Herr Herget als Ortsbeiratsmitglied über Schmierereien mit NS-Symbolik bzw. Nazi-Sprüchen an den Innenwänden in einem der leer stehenden Doppel-H-Bauten«, teilte sie mit. Allerdings sei das Gebäude nicht öffentlich zugänglich und mit einem Zaun gesichert gewesen.
Die Gemeinde hat damals gehandelt. »Am 07.11.2019 habe ich Anzei᠆ge wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gestellt«, antwortet am Mittwoch Christian Braungard, Leiter der Kämmerei, dem »nd«. Die Polizei habe am Tag darauf die Räume inspiziert und die Schmierereien dokumentiert. Zudem hätten die Beamten die Eigentümerin der Immobilie, die vom Land mit deren Entwicklung beauftragte Basdorf Entwicklungsgesellschaft (BEG) veranlasst, die NS-Symbole bis zum 18. November unkenntlich zu machen. Dies sei durch den Bauhof der Gemeinde umgehend erledigt worden. Man habe die Polizei darüber in Kenntnis gesetzt.
Bereits mit Schreiben vom 5. Dezember habe dann die zuständige Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) mitgeteilt, dass das Verfahren eingestellt worden ist, »weil ein Täter nicht ermittelt werden konnte«. Weitere Nachforschungen versprächen zurzeit keinen Erfolg, hieß es. Aber betont wurde auch: »Sollten sich jedoch nachträgliche Anhaltspunkte für die Klärung dieser Straftat ergeben, werden die Ermittlungen von Amts wegen wieder aufgenommen.« Und hier scheiden sich dann die Geister.
In der jüngsten Ausgabe der Lokalzeitung »Heidekraut-Journal« wirft der Leser Paul Bergner die Frage »Antisemitismus in Wandlitz? Wann passiert hier endlich einmal was?« auf. Er sei am 27. Januar, wie er berichtet, in dem Gebäude auf 2019 »dünn übermalte« Hakenkreuze gestoßen. »Der damals besonders auffällige Schriftzug zum Umgang mit Juden befindet sich unverändert am gleichen Platz und ist selbst vom Auto aus zu sehen.« Mit einem Foto dokumentierte er den Schriftzug »Juden raus«.
Die Gemeindesprecherin versicherte, dass sie über die neuerlichen Schmierereien »leider auch erst durch die Veröffentlichung im Heidekraut-Journal erfahren« habe. »Hier hätten wir uns gewünscht, dass dazu auch eine Information an uns als Verwaltung erfolgt wäre«, fügte sie hinzu.
Das sei auch der Grund, warum die Polizei nicht erneut tätig geworden sei, erklärte Bärbel Cotte-Weiß, Sprecherin der Polizeidirektion Ost in Frankfurt (Oder). Dass das »Heidekraut-Journal«, wie zu erfahren war, sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch bei der Polizei gänzlich unbekannt ist, mag irritieren. Fest stehe, dass für die Sicherung der Gebäude letztlich der Eigentümer zuständig sei.
BEG-Geschäftsführerin Gaby Morr sagte dazu, dass man die Baustelle und auch das betreffende Gebäude besser sichern und beschildern werde, aber niemals komplett bewachen könne. Auf die Idee, selbst Anzeige zu erstatten, ist sie nicht gekommen.
Christian Braungard, der Kämmerer, ist dennoch froh, dass sich immer wieder Basdorfer an den Nazi-Umtrieben stören und darauf aufmerksam machen. »Wenn das nicht geschähe, hätten wir es mit gesellschaftlichem Versagen zu tun«, sagte er.
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