Tausende demonstrieren für Aufnahme von Flüchtlingen

Protestorganisator: »Hamburg hat Platz« / Weiteres Aufnahmezentrum in Lesbos in Brand gesteckt

  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 1000 Menschen haben in Berlin für die Aufnahme schutzbedürftiger Migranten in Deutschland demonstriert. Der Veranstalter sprach am späten Nachmittag von rund 4000 Menschen, die Polizei gab zunächst keine Teilnehmerzahlen bekannt. Der Protestzug unter dem Motto »Europe, don't kill! Open the borders - Wir haben Platz« zog am Samstagnachmittag vom Bundesinnenministerium zum Halleschen Ufer. Auf Transparenten wurden Slogans wie »Shame on you, EU«, »Für mehr Liebe« und »Nazis morden - Grenzen auch. Schluss damit« gezeigt.

»Griechische Grenzschützer schießen auf Geflüchtete. Das ist nicht normal. Und das sollte es niemals werden«, teilte die Initiative »Seebrücke Berlin« im Internet-Aufruf mit. Gewalt gegen Schutzsuchende sei Rassismus. »Wir fordern, dass die sicheren Häfen in Deutschland gehört werden.« Über 140 Städte und Kommunen hatten sich bereit erklärt, Menschen aufzunehmen. Bereits am Dienstag hatten mehrere Tausend Menschen vor dem Kanzleramt für eine Grenzöffnung demonstriert.

Auch in Hamburg waren nach Polizeiangaben bis zu 3900 Teilnehmer zu einer »Seebrücke«-Kundgebung auf dem Rathausmarkt und einem anschließenden Demonstrationszug gekommen. Die Veranstalter sprachen von 5000 Teilnehmern.

»Hamburg hat Platz«, erklärte der Anmelder der Demonstration, Christoph Kleine. »Wenn das offizielle Europa seine Grenzen schließt und die staatliche Gewalt gegen Zufluchtsuchende eskaliert, dann müssen alle Menschen auf die Straße gehen, die für Solidarität und das Recht auf Asyl einstehen«, erklärte Kleine.

Erwartet werde von der EU, von Deutschland und Hamburg, dass die »Menschen im Niemandsland an der griechisch-türkischen Grenze aufgenommen« und Lager auf den griechischen Inseln evakuiert werden.

Seit Tagen gehen Tausende Menschen in zahlreichen Städten Deutschlands gegen die EU-Flüchtlingspolitik auf die Straße. Für Samstag waren außer in Hamburg und Berlin Aktionen unter anderem in Münster, Weimar, Ulm, Leipzig, Oldenburg und Rostock geplant. Am Sonntag riefen Aktivistinnen und Aktivisten zu Kundgebungen unter anderem in Oldenburg und Potsdam auf. Auch in Städten in der Schweiz und in Österreich waren Kundgebungen angekündigt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat bisher den Kurs Griechenlands unterstützt, das Migranten und Flüchtlinge an seiner Grenze stoppt. Die Türkei hatte am vergangenen Wochenende die Grenzen zur EU für Migranten für geöffnet erklärt. Nach UN-Angaben harren Tausende auf der türkischen Grenzseite zu Griechenland aus. Griechische Sicherheitskräfte setzten mehrfach Blendgranaten und Tränengas ein, um Menschen zurückzudrängen.

Unterdessen ist ein Aufnahmezentrum für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos ist am Samstag in Brand gesteckt worden. Aus der Schweizer Nichtregierungsorganisation One Happy Family, die die Einrichtung für Flüchtlingsfamilien betreibt, hieß es, das Gebäude sei schwer beschädigt worden, Menschen seien nicht zu Schaden gekommen.

Bewohner der Insel und zahlreiche angereiste Rechtsradikale versuchen seit Tagen, Flüchtlinge an der Ankunft zu hindern und greifen auch Hilfsorganisationen und Journalisten an. Seitdem die Türkei die Grenzen zur EU geöffnet hat, kamen mehr als 1700 Menschen mit Booten nach Lesbos, wo bereits 38.000 Flüchtlinge unter katastrophalen Umständen in überfüllten Lagern ausharren. Bereits vor einer Woche war auf Lesbos nahe des Strands von Skala Sykamineas ein nicht mehr genutztes UN-Begrüßungszentrum für Flüchtlinge in Brand gesetzt worden. Agenturen/nd

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!