Zwangsräumung in Berlin in letzter Minute abgesagt

Trotz Quarantäne sollte eine Akelius-Mieterin vom Gerichtsvollzieher aus ihrer Wohnung geschmissen werden

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein dramatischer Fall, wie es ihn angesichts der Coronakrise auf keinen Fall geben dürfte. Am Mittwochmorgen hätte eine Mieterin des Akelius-Immobilienkonzerns aus Neukölln aus ihrer Wohnung zwangsgeräumt werden sollen. Und das, obwohl für sie wegen Verdachts auf Infektion mit dem Virus häusliche Quarantäne angeordnet worden war. Wegen akuter Symptome wurde die Mieterin, die nicht namentlich genannt werden möchte, am 15. März auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet. »Das Krankenhaus rechnet mit einem Ergebnis in den nächsten Tagen«, so die Akelius-Mieter*innenvernetzung. »Der zuständige Gerichtsvollzieher wurde darüber informiert, weigerte sich aber, die Räumung abzusagen oder zu verschieben«, erklärt das Bündnis.

»Der Gerichtsvollzieher hielt den Grund für eine Ausrede und wollte die Räumung nicht absagen, obwohl die Mieterin schriftliche Belege vorweisen konnte«, berichtet Katrin Schmidberger, Wohnungspolitikerin der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus. Schmidberger wandte sich am Dienstagabend an den Akelius-Geschäftsführer Ralf Spann, der die Lage anerkannte und einen Räumungsaufschub veranlassen wollte. Der Gerichtsvollzieher war jedoch nicht mehr zu erreichen. Erst am Mittwochmorgen selbst konnten dieser und das Umzugsunternehmen über den Räumungsaufschub informiert werden, den ein hinzukommender Akelius-Mitarbeiter bestätigte, berichten Augenzeugen.

»Wir sind fassungslos und wütend angesichts der fatalen Fehleinschätzung des Gerichts, insbesondere des Gerichtsvollziehers. Wer in der aktuellen Situation eine Person, die sich auf ärztliche und amtliche Anordnung in häuslicher Quarantäne befindet, mit Gewalt aus ihrer Wohnung räumen will, handelt verantwortungslos«, erklärt die Akelius-Mieter*innenvernetzung. Das Bündnis fordert »die sofortige Aussetzung aller Mieterhöhungen, Kündigungen und Zwangsräumungen«. Politiker der Linke hatten bereits ähnliche Forderungen aufgestellt. Mindestens die landeseigene Degewo hat Räumungen derweil ausgesetzt.

Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz arbeitet nach eigenen Angaben an einer rechtssicheren Lösung, um Zwangsräumungen aussetzen zu können. Es dürfe jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass der Rechtsstaat jetzt Pause mache, erklärte deren Sprecher Sebastian Brux am Dienstag. »Wir brauchen zu Fragen von Mietzahlungen und Räumungen dringend eine Lösung auf Bundesebene«, sagt Schmidberger.

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