Unbeugsam
Personalie
Seit einer Woche steht der Chefredakteur der größten italienischen Tageszeitung »Repubblica« unter Polizeischutz. Carlo Verdelli, 63 Jahre alt, wird seit zwei Monaten massiv von Faschisten bedroht. Mit Bombendrohungen in der Redaktion fing es an und ging dann in einer permanenten Eskalation mit immer kruderen Mails weiter. »Wirklich ernst genommen habe ich das aber erst, als eine professionelle Fotomontage bei mir eintraf, auf der man mein Gesicht in ein Bild mit Ausschwitz-Insassen hineinkopiert hat.« Darüber, dass inzwischen auch seine Tochter aufs Korn genommen wird, will er nicht sprechen. Aber die Polizei hat genügend Anhaltspunkte gesammelt, um die Gefahr als »sehr ernst« einzustufen. Der Arbeitersohn aus Mailand ist nicht bereit, seine persönliche Situation in den Vordergrund zu stellen. Ihm geht es um die Pressefreiheit, die in schwierigen Zeiten, wie sie Italien zweifelsfrei gerade durchmacht, umso wichtiger ist.
Doch warum wird gerade Carlo Verdelli, der eine der steilsten Karrieren hingelegt hat, die es in der italienischen Medienlandschaft je gab, bedroht? Er ist ein Macher, der die unterschiedlichsten Stationen durchlaufen hat, bevor er vor einem Jahr die Leitung von »Repubblica« übernahm. Zuvor hatte er eine Modezeitschrift geführt sowie die größte Sporttageszeitung Italiens. Sowohl von Mode wie von Sport hatte er vorher keine Ahnung, wie er selbst zugab. Er weiß aber, wie man einer Zeitung einen eindeutigen Charakter verleiht, wie man immer größere Leserschichten an sich bindet.
Verdelli ist durch und durch Antifaschist. »Repubblica« hat unter seiner Leitung mit vielen fundierten Untersuchungen über rechtsextreme Gruppen Aufsehen erregt und auch enge Verbindungen zwischen einigen von ihnen und der Lega des ehemaligen Innenministers Matteo Salvini aufgedeckt. Alle Kollegen sind mit Carlo Verdelli solidarisch. Die Journalistengewerkschaft erklärte: »Wir werden einen Schutzwall um ihn aufbauen, wir werden nicht zulassen, dass diese Gruppen, die sich gegen unsere antifaschistische und demokratische Verfassung stellen, seine und unsere Arbeit behindern.«
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