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Mit 1000 Euro im Monat durch die Krise?

Petition für ein begrenztes bedingungsloses Grundeinkommen muss im Bundestag diskutiert werden

  • Mascha Malburg
  • Lesedauer: 3 Min.

In einer Zeit, in der Millionen vor finanziellen Unsicherheiten stehen, wird die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen immer lauter. Fast 450.000 Menschen haben in den letzten Wochen die Petition einer Berliner Selbstständigen für eine befristete Grundsicherung unterschrieben. Jetzt hat eine neue Petition innerhalb kürzester Zeit das nötige Quorum für eine Anhörung im Bundestag erreicht.

»Ich bin überwältigt«, schrieb Susanne Wiest gestern auf ihrem Blog. In nur vier Tagen hat die Aktivistin mit ihrer Forderung eines kurzfristigen und zeitlich begrenzten bedingungslosen Grundeinkommens 50.000 Unterstützer*innen erreicht. Damit ist das Quorum geknackt und sie darf ihr Anliegen in einer öffentlichen Sitzung vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages diskutieren. Die Idee ist nicht neu: Wiest schlägt einen existenzsichernden Betrag von ungefähr 1000 Euro im Monat für alle Bürgerinnen und Bürger vor. In der Coronakrise solle dieser so lange gezahlt werden, »wie es notwendig sei«. Wer das Geld nicht benötigte, könne es zurück spenden. Es sei nicht die Zeit für Bürokratie, Kontrolle und Bedarfsprüfungen, schreibt Wiest in ihrer Petition.

Bereits in den letzten Wochen hatte die Diskussion um ein Grundeinkommen an Fahrt gewonnen. Die selbstständige Modedesignerin Tonia Merzan erreichte mit ihrer Petition auf »change.org« fast 450.000 Unterstützer*innen. In ihrer persönlichen Forderung beschreibt die Berliner Kleinunternehmerin ihre aussichtslose Situation, die sie mit vielen Selbstständigen und Kreativen teilt: »Was mir trotz überdurchschnittlich viel Arbeit nicht gelang, ist Rücklagen zu bilden, die mich und mein Team durch eine Krise, wie wir sie derzeit erleben, retten könnten.« Auch Studierenden und Minijobbern ginge es ähnlich, schreibt Merzan. Sie alle wüssten nicht, wie sie ihre Mieten, ihre privaten Krankenversicherungen oder Essen für ihre Kinder zahlen sollten. Merzan fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen zwischen 800 und 1200 Euro für alle für die nächsten sechs Monate.

Unter dem Hashtag #GrundeinkommenJetzt schrieben vergangene Woche Tausende auf Twitter, warum sie in der Krise eine Grundsicherung bräuchten. Am gleichen Tag reagierte der Vizekanzler in einem Livestream mit dem Journalisten Tilo Jung erstmals auf die Forderungen. Auf die Frage nach einem Grundeinkommen in der Krise antwortete Olaf Scholz, die neuen Maßnahmen der Bundesregierung seien »im Prinzip genau das«. Es werde das Vermögen nicht geprüft und auch darauf verzichtet, dass man jetzt sofort eine neue Arbeit suchen müsste. Später stellte er in einem Video des Finanzministeriums klar, der robuste Sozialstaat bräuchte kein Grundeinkommen. Selbstständige könnten sich in den kommenden Monaten sehr schnell an die Jobcenter wenden, um Unterstützung zu bekommen. Tonia Merz entgegnete auf Twitter, bei einem Grundeinkommen würden keine Bedingungen gestellt. »Das was wir alle gerade machen, ist irrsinnig bürokratisch um Almosen von Staat betteln, für eine Situation, die der Staat angeordnet hat.«

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