Kriminelle nutzten Angst und Solidarität aus

Polizei registriert falsche Enkel, falsche Einkaufshelfer und falsches Gesundheitsamt und warnt die Bevölkerung

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Es ist eine besonders miese Masche, in der Coronakrise Senioren zu bestehlen. Dem Polizeipräsidium Brandenburg ist mindestens ein Fall aus Teltow bekannt, in dem einem älteren Mann Hilfe beim Einkauf und beim Transport der Ware nach Hause angeboten wurde. »Dort angekommen durchsuchte der Täter die Wohnung und erlangte Beute in nicht unbeträchtlicher Höhe«, heißt es.

»Ich finde das unterirdisch, perfide und abscheulich, dass Kriminelle die Angst der Bevölkerung vor dem Coronavirus ausnutzen«, sagte der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Linke). »Dazu kommt, dass die wundervolle Solidarität, die jetzt herrscht, behindert wird. Es wollen ja wirklich viele Mitmenschen unseren Senioren helfen und für sie einkaufen, damit die Alten als Risikogruppe nicht der Gefahr ausgesetzt sind, sich in einem Geschäft anzustecken. Wegen gewissenloser Verbrecher müssen die Senioren nun leider auf der Hut sein und auf solche Hilfsangebote misstrauisch reagieren.« Die Polizei rät, keine fremden Menschen in die Wohnung zu lassen.

Derweil variieren Betrüger jetzt den altbekannten Enkeltrick. Eine Reihe von Fällen wurde aus dem Kreis Oberhavel gemeldet. So rief bei zwei Bürgern in Bergfelde ein vermeintlicher Enkel an. Dieser behauptete, er sei an Covid-19 erkrankt und benötige 60 000 Euro für Medikamente. Die beiden Bürger fielen aber nicht darauf herein. Im Mühlenbecker Land wollte ein Betrüger, der sich als Enkel ausgab, von zwei 82 und 67 Jahre alten Frauen sogar 100 000 Euro. Doch die Damen legten auf. Auch eine 80-Jährige aus dem Löwenberger Land ließ sich von einem angeblichen Bekannten nicht austricksen.

Dagegen lief ein 85-jähriger Berliner zur Bank. Erst hatte ihn ein vermeintlicher Sohn angerufen und gesagt, er habe sich mit dem Coronavirus infiziert. Kurz danach meldete sich ein zweiter Täter, der sich als Oberarzt eines Krankenhauses ausgab und log, die Behandlung des Sohnes koste 22 000 Euro. Die Schwiegertochter des 85-Jährigen, die in Brandenburg lebt, erfuhr davon und alarmierte die Polizei. Die Beamten waren vor der Geldübergabe zur Stelle. Der 85-Jährige zahlte die Summe wieder auf sein Konto ein. Doch nicht immer geht es noch so vergleichsweise glimpflich ab. In der Hauptstadt konnten Betrüger mit Senioren häufiger vereinbaren, dass jemand komme, um Geld für Coronatests oder Behandlungen abzuholen, was dann auch geschah. Dabei muss für Tests und Behandlungen selbstverständlich nichts bezahlt werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten.

Die Polizei empfiehlt Vorsicht, wenn sich jemand am Telefon nicht mit seinem Namen meldet. »Raten Sie nicht, wer sie anruft, sondern fordern Sie Anrufer grundsätzlich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen.« Ein weiterer Tipp: nach Dingen fragen, die nur der richtige Verwandte oder Bekannte wissen könne, oder diesen unter der lange bekannten Telefonnummer zurückrufen.

In Oranienburg und im Kreis Märkisch-Oderland verkleideten sich Verbrecher mit Schutzanzügen als Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und behaupteten, sie müssten Wohnungen desinfizieren, was völliger Unsinn ist. Tatsächlich wollten sie stehlen. Außerdem gingen gefälschte E-Mails vom Gesundheitsamt ein. Wer die Dateianhänge öffnete, auf dessen Computer installierte sich eine Schadsoftware.

Bundesweit registriert wurden gefälschte E-Mails von der Arbeitsagentur, die Unternehmer aufforderten, konkrete Angaben zur Firma und zu den Beschäftigten zu machen, um Kurzarbeitergeld zu erhalten. Hier ging es offenbar darum, Kundendaten abzugreifen. Die Arbeitsagentur warnte vor diesen E-Mails, die unter der Adresse kurzarbeitergeld@arbeitsagentur-service.de versendet wurden. Man solle auf keinen Fall darauf antworten, sondern die Mails umgehend löschen. Die Arbeitsagentur würde niemals von sich aus Firmen auffordern, Anträge auf Kurzarbeitergeld zu stellen, versicherte die Pressestelle der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg.

Räuber erregen jetzt keinen Verdacht, wenn sie sich vermummen, um unerkannt an Überwachungskameras und Zeugen vorbeizukommen. So geschah es kürzlich in Berlin-Weißensee. Drei Männer mit Mundschutz betraten eine Tankstelle. Einer tat, als wolle er einen Schokoriegel kaufen. Die Angestellte wunderte sich angesichts der Pandemie nicht und öffnete die Kasse. Da zog einer der Täter einen Säbel aus der Jacke und schlug nach der 63-Jährigen, die zurückwich. Die beiden anderen Männer räumten die Kasse aus und flüchteten mit ihrem Komplizen. Die Angestellte wurde leicht verletzt.

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