Pandemie trifft Roma in Südosteuropa
Zu Armut kommt mangelnde Gesundheitsversorgung
Im Vorfeld des Internationalen Tags der Roma am 8. April veröffentlichten mehrere Organisationen einen Appell, in dem sie »die nationalen Regierungen in den Westbalkan-Staaten und in der Türkei, die Europäische Union und die einzelnen EU-Mitgliedstaaten« dazu aufrufen, »sich dringend mit der Situation der Roma zu befassen«. Unterzeichnet wurde das Statement unter anderem vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, der Organisation Rroma aus Nordmazedonien und dem Forum Roma Serbia.
In der Erklärung wird auf die besonderen Risiken für die Angehörigen der zahlenmäßig größten Minderheit in Europa hingewiesen. Diese sind vor allem auf die Armut, in der die meisten Roma aufgrund antiziganistischer Diskriminierung leben, zurückzuführen. Die Ökonomien der Länder haben ihnen eine randständige, unsichere Lage zugewiesen.
Die vielerorts verordneten Einschränkungen des öffentlichen Lebens haben die Roma hart getroffen. »Die große Mehrheit war auf prekäre Selbstständigkeit, unregelmäßige tägliche Arbeit, das Sammeln von wiederverwertbaren Materialien oder auf andere Einkommensquellen angewiesen, die nun aufgrund von Krisenmaßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen«, heißt es in dem Statement der Romaorganisationen. Nun fehle ihnen das Geld, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen. Auch, weil viele der kleinen Geschäfte in den Romasiedlungen schließen mussten.
Gleichzeitig sind viele Roma aufgrund fehlender Papiere von Sozialleistungen ausgeschlossen. So haben beispielsweise im Kosovo lediglich zehn Prozent der Roma unter 16 Jahren eine Krankenversicherung. Hinzu kommt auch die strukturelle Diskriminierung im Bereich des Gesundheitssystems: Krankenwagen fahren zum Teil nicht in Romasiedlungen; in Klinken müssen Leistungen im Voraus bezahlt oder medizinisches Personal für die Behandlung bestochen werden.
Die gesundheitlichen Risiken werden durch schlechte Wohnverhältnisse verschärft, unter denen sich der Coronavirus kaum eindämmen lässt. Nicht überall gibt es fließendes Wasser, zum Teil nur einen Wasseranschluss für mehrere Haushalte. In den Romasiedlungen leben meist mehrere Generationen beengt unter einem Dach. Internetanschlüsse fehlen, die Weiterführung des Unterrichts für Romakinder ist somit kaum möglich. Ihre Diskriminierung in der Bildung wird damit verfestigt.
Die Gefahr rassistischer Gewalt wächst: »Im Falle einer massenhaften Ansteckung innerhalb einer Romasiedlung würde sich das Virus nicht nur schnell innerhalb der Community ausbreiten, sondern es könnten auch andere Stadtteile infiziert werden, was zu rassistischer Mobgewalt gegen Roma führen könnte«, heißt es in dem Appell. In Rumänien und Bulgarien wurden bereits große Roma-Siedlungen von der Polizei abgeriegelt. So wird die Stigmatisierung der Roma weiter verstärkt und ihre Diskriminierung staatlich legitimiert.
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