- Politik
- Giftgaseinsätzen im Syrienkrieg
Mit dem Zeigefinger auf Damaskus
OPCW-Bericht sieht Hauptschuld an Giftgaseinsätzen im Syrienkrieg bei der Regierung
Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hat am Mittwoch in Den Haag den ersten Bericht des »Investigation and Identifications-Teams« (IIT) veröffentlicht. Darin werden Einheiten der syrischen Luftwaffe für einen Angriff mit chemischen Waffen auf Al-Lataminah in Syrien im März 2017 verantwortlich gemacht.
Laut dem ersten IIT-Bericht sollen Kampfjets der syrischen Luftwaffe im März 2017 zweimal eine M4000-Fliegerbombe auf den Ort abgeworfen haben. Beide Bomben sollen Sarin enthalten haben. Die Kampfjets seien von der Luftwaffenbasis Shayrat bei Homs gestartet. Weiterhin habe ein Hubschrauber der syrischen Luftwaffe über dem Krankenhaus von Al-Lataminah einen Zylinder mit Chlor abgeworfen. Der Hubschrauber sei vom Luftwaffenstützpunkt Hama gestartet. Insgesamt wurden mehr als 100 Personen verletzt, heißt es in dem Bericht.
Da IIT kein juristisches Gremium sei, müssten nun der Exekutivrat der OPCW-Staatenkonferenz, der UN-Generalsekretär und die Internationale Gemeinschaft darüber befinden, welche »angemessenen und notwendigen Schritte eingeleitet werden sollen«, erklärte OPCW-Generaldirektor Fernando Arias. Santiago Onate-Laborde, Koordinator des IIT, fügte hinzu, »Angriffe dieser strategischen Art« hätten nur »auf Anordnung der obersten Verantwortlichen des Armeekommandos« Syriens stattfinden können.
Man sei nicht in der Lage gewesen, »irgendeine andere plausible Erklärung zu identifizieren«. Das IIT war im Juni 2018 gegründet worden, um die Schuldigen oder auch die »sehr wahrscheinlich« Schuldigen für den Einsatz von chemischen Waffen in Syrien zu identifizieren. IIT ist Teil des Technischen Sekretariats bei der OPCW und ist dem OPCW-Generaldirektor unterstellt.
Hintergrund der Gründung war ein angeblicher Giftgasangriff in dem Vorort Douma bei Damaskus im April 2018. Die syrische Opposition und die »Weißhelme« beschuldigten die syrische Armee. Die Regierung in Damaskus wies jegliche Schuld von sich und forderte eine Untersuchung von OPCW-Inspektoren. Frankreich, Großbritannien und die USA starteten daraufhin einen gemeinsamen Großangriff auf Ziele in Syrien, ohne die OPCW-Untersuchung abzuwarten.
Inspektoren des ursprünglichen Douma-Untersuchungsteams kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem angeblichen Chemiewaffenangriff um eine Inszenierung gehandelt haben könnte. Ihr ursprünglicher Bericht wurde nach erheblichem Druck auf die Inspektoren und das Douma-Team durch einen redaktionell »bearbeiteten« Abschlussbericht ersetzt. Seitdem gelangten etliche Details der ursprünglichen Untersuchung an die Öffentlichkeit. Im Februar 2020 wurden gegen zwei Inspektoren des ursprünglichen Douma-Untersuchungsteams Ermittlungen eingeleitet.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!