Nicht die große Ausnahme
Peter Steiniger über den Streit um Schwedens Sonderweg in der Coronakrise
Das Virus kriegt uns alle, es ist nur eine Frage der Zeit. In Schwedens größter Zeitung »Dagens Nyheter« warnen nun 22 Forscher und Ärzte davor, dass in ihrem Land die Uhr zu schnell tickt. Schneller als bei den Nachbarn Finnland und Norwegen - sie sehen bereits italienische Verhältnisse. Die Kurve der Corona-Sterblichkeitsrate zeigt steil nach oben, besonders Altenheime sind betroffen. Doch bereits vor der Epidemie starb mindestens jeder Vierte dort bald nach der Aufnahme. Da Plätze fehlen, finden viele nämlich erst kurz vor Lebensende einen.
Zu Recht beklagen die 22 Unterzeichner des Brandbriefes, dass die Behörden trotz Warnungen nicht auf den möglichen Ausbruch einer Epidemie vorbereitet waren. Da war keine Schublade, in der eine Strategie lag, da waren keine Lager mit Schutzmitteln für den Katastrophenfall. Das kann man auch für ein anderes reiches Industrieland festhalten. In der Kritik stehen besonders die Nationale Gesundheitsbehörde und deren Epidemiologe Anders Tegnell, Schwedens Corona-Orakel. Die Regierung in Stockholm balanciert auf dem schmalen Grat der Verhältnismäßigkeit aller Maßnahmen und behandelt die Bürger als einsichtsfähig statt als Untertanen. Die Sehnsucht nach Autorität stillt sie nicht. Und solange hier so und dort anders getestet wird, bleiben Vergleiche schwierig.
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