Am Anfang war die Champions League
Rom und der Süden sind vom Virus weniger betroffen
Wie so oft liegt auch bei der Corona-Epidemie in Italien der Anfang der Geschichte im Dunkeln. Im Januar 2020 häuften sich im Land Fälle atypischer Lungenentzündungen - heute kann niemand mehr nachprüfen, ob es sich dabei schon um Covid-19 handelte. Die ersten offiziell bestätigten Erkrankungen gab es am 31. Januar in Rom. Zwei chinesische Touristen aus Wuhan wurden mit schweren Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert und positiv getestet - inzwischen sind sie wieder gesund und munter. Drei Wochen später traten die ersten Fälle in Norditalien, in der Kleinstadt Codogno bei Mailand, auf. Der Ort wurde isoliert, dann traf es weitere Gebiete in der Lombardei und in Venetien.
Am 19. Februar fand vor Zehntausenden Zuschauern in Mailand das Champions-League-Spiel zwischen den Mannschaften aus Bergamo und Valencia statt. Dieses Spiel wird von den Virologen inzwischen als »biologische Bombe« bezeichnet. Wie viele Menschen sich damals ansteckten, weiß niemand, aber es dürften sehr viele gewesen sein. Innerhalb weniger Tage waren alle italienischen Regionen von der Epidemie betroffen - als letzte am 3. März das Aosta-Tal im Nordwesten. Die meisten Fälle gibt es in der Lombardei, in Venetien, in der Emilia Romagna und in der Region Marken im Osten. Im armen und strukturschwachen Süden, wo man die Ausbreitung besonders fürchtete, blieb es hingegen relativ ruhig. Die Experten rätseln weiterhin, warum das so ist. Auch in Rom hält sich die Ansteckung in Grenzen und beschränkt sich zum größten Teil auf Altersheime und Klöster.
Am 9. März verordnete die Regierung den Lockdown in ganz Italien. Zuerst wurden die Schulen geschlossen, sehr bald auch alle Läden und Betriebe, die für die Volkswirtschaft nicht essenziell sind. Schließlich wurde eine allgemeine und strenge Ausgangssperre verhängt. Die Maßnahmen sollten zwei Wochen dauern - inzwischen wurden sie mit wenigen Ausnahmen bis zum 3. Mai verlängert.
Die meisten Italiener halten sich an die Maßnahmen. Wer dagegen verstößt, muss mit hohen Geldstrafen oder gar mit Verhaftung rechnen. Am Osterwochenende wurden fast eine halbe Million Kontrollen durchgeführt, 26 000 Menschen bekamen Strafgelder in unterschiedlicher Höhe.
Die Polizei sammelt inzwischen auch die besten Ausreden für Übertretungen: Ein junger Mann erklärte, auf dem Weg zur Arbeit als Drogendealer zu sein. Ein anderer musste seine Schildkröte ausführen. Wieder einer wurde am Meer angehalten und erklärte, er suche einen Zigarettenautomaten - nur war er 300 Kilometer von seinem Heimatort entfernt. Anna Maldini
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.