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- Klimakrise in Brandenburg
Ohne Regen droht eine Katastrophe
Ausbleibende Niederschläge schüren die Sorge vor langfristigen Schäden in der Land- und Forstwirtschaft der Region
Der kalendarische Frühlingsanfang liegt erst einen Monat zurück, doch die Sonne strahlt wie im Sommer. Vor allem aber ist es viel zu trocken - ganze drei Prozent der durchschnittlichen Niederschlagsmenge sind im April in Berlin-Brandenburg bisher gefallen. Nach Informationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Potsdam, variieren die Niederschlagsdefizite in der Region nur geringfügig. »In Angermünde fielen im April bisher anderthalb Liter auf einen Quadratmeter«, sagte Oda Thiessen-Thom dem »nd«. Berlin-Tegel bekam demnach 1,6 Liter Regen pro Quadratmeter ab, Tempelhof 2,3 - bei 50 Litern im langjährigen Durchschnitt für April.
Nicht besser sah es in Südbrandenburg aus, wo etwa in Cottbus nur 1,8 Liter Regen auf den Quadratmeter fiel. Land- und Forstwirte, denen noch die Dürrejahre 2018 und 2019 in den Knochen stecken, sind hoch nervös. Henrik Wendorff, der Präsident des Bauernverbandes Brandenburg, ist dennoch bemüht, keine Panik zu verbreiten. »Wir haben brandenburgweit ein sehr unterschiedliches Bild«, sagte er dem »nd«. Entscheidend sei auch, wie gut der Boden die Feuchtigkeit speichern könne. Und da sei der Süden schlechter dran. »Vor allem in der Spreewaldregion, in den Landkreisen Spree-Neiße und Elbe-Elster droht es kritisch zu werden, wenn es in den nächsten zehn Tagen nicht ordentlich regnet.« Denn werde es zunächst ernsthafte Probleme mit den Kulturen geben, die gerade erst in den Boden kommen, darunter vor allem beim Sommergetreide. Bleibe es langfristig zu trocken, dann würde es auch die sogenannten Herbstkulturen, also das Wintergetreide und den Raps treffen. »Das wäre für uns eine Katastrophe«, so Wendorff.
Beim Bauernverband Südbrandenburg in Luckau (Dahme-Spree) ist man schon in Alarmstimmung. Dort steht bald der erste Grünfutterschnitt für die Tierversorgung an, und die Sommerkulturen müssen in den Boden. Geschäftsführerin Carmen Lorenz ist für rund 270 Agrarbetriebe in Dahme-Spree, Oberspreewald-Lausitz, rund um Finsterwalde (Elbe-Elster) und Dahme (Teltow-Fläming) zuständig. Gerade im Dahme-Spree-Kreis setzen ein Drittel der Betriebe mittlerweile auf ökologischen Landbau. Dem »nd« sagte sie: »Wenn es nicht Ende April oder Anfang Mai regnet, könnten wir auf eine ähnliche Krise wie im Dürresommer 2018 zusteuern. Das wäre in der Tat katastrophal.« Zu schaffen mache den Unternehmen neben der Trockenheit auch der anhaltend kräftige Wind, der die oberen Bodenschichten zusätzlich austrockne. Und noch sei auch die Gefahr von Bodenfrösten nicht gebannt, fügte sie mit sorgenvollem Blick auf die Obstbaumblüte hinzu.
Ermutigung kommt in dieser Situation vom Leibnitz-Zemtrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) in Müncheberg (Märkisch-Oderland). »Bei Wintergetreide stehen wir bislang eigentlich ganz gut da, und wir hatten einen sehr milden Winter«, gab Sprecher Hendyk Schneider zu bedenken und verwies auf ein Interview, das sein Chef am Morgen dem »Deutschlandradio« gegeben hat. Dort sagte Zalf-Leiter Frank Ewert: »Aussichtslos ist die Situation noch nicht, wir befinden uns relativ früh in der Saison.« Vor allem die Winterkulturen - Weizen, Roggen, Gerste und Raps - hätten bereits ein gutes Wurzelsystem ausgebildet. »Wenn es in den nächsten Wochen regnet, sollten sie in der Lage sein, sich entsprechend zu erholen und zu wachsen«, so Ewert. Viel schwieriger werde es, wenn die Trockenheit auch die Pflanzen treffe, die im Frühjahr ausgesät werden. Problematisch sei auch die zunehmende Bodenerosion, die nicht allein durch starken Wind, sondern auch durch etwaige Starkregenfälle nach langer Trockenheit zu verzeichnen sei. Angesichts der vermehrt auftretenden Dürre müsse man nun langfristig wirklich über künstliche Bewässerung nachdenken.
Seit Wochen hat die Forstwirtschaft mit den ersten Folgen der diesjährigen Trockenheit zu kämpfen. Immer wieder stehen Waldstücke in Flammen, wie erst am Sonntag in der Nähe von Großräschen (Oberspreewald-Lausitz). Am Montag herrschte nach Angaben des Umweltministeriums in acht der 14 Landkreise Brandenburgs sehr hohe Waldbrandgefahr (Stufe 5), in den übrigen sechs die zweithöchste Gefahrenstufe 4. »Corona verhindert nicht, dass der Wald brennt«, stellte Innenminister Michael Stübgen (CDU) schon am Freitag in einer Telefonschaltkonferenz klar. In seinem Ressort sei ein Krisenstab eingerichtet worden, um den Landräten zu ermöglichen, Feuerwehrleute als systemrelevant einzustufen und ihnen eine Notbetreuung ihrer Kinder in den Kitas und Schulhorten zu gewähren.
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