Werbung

Angriff auf Fernsehteam des ZDF in der Nähe der Volksbühne

Hintergrund des Angriffs ist weiter rätselhaft

  • Sebastian Bähr und Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei Dreharbeiten für die Satiresendung »heute-show« ist am Freitag in Berlin-Mitte ein ZDF-Team von Unbekannten angegriffen worden. Laut Mitteilung der Polizei haben etwa 15 Vermummte die vier Journalisten und ihre drei Sicherheitsbegleiter unvermittelt attackiert. Mehrere Personen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Die Täter sollen offenbar auch mit einer Metallstange zugeschlagen und Personen am Boden getreten haben. Der Angriff hat im Umfeld der »Hygiene«-Demonstration stattgefunden, an der selbsterklärte Linke, aber auch extreme Rechte und Verschwörungstheoretiker teilnahmen.

Die Attacke auf das Fernsehteam lief nach Einschätzung der Polizei geplant ab. Das gehe aus Schilderungen von Zeugen der Tat hervor, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin am Sonntag gegenüber Medien. Die Zeugen hätten Beamte der Bundespolizei auf den Vorfall aufmerksam gemacht, so der Sprecher weiter. Als die Beamten eintrafen, waren die Täter seinen Angaben zufolge bereits geflüchtet. Laut Zeugenaussagen seien sie mit Fahrrädern und einem Auto unterwegs gewesen. Die Bundespolizisten hätten sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und die Berliner Polizei informiert. Das Fahrzeug und seine Insassen seien später aufgefunden worden.

Die Beamten konnten daraufhin sechs der mutmaßlichen Täter festnehmen. Diese wurden jedoch am Samstagabend wieder freigelassen, auf Haftbefehle wurde verzichtet. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft sah »keinen dringenden Tatverdacht beziehungsweise keine Haftgründe« gegen die zwei Frauen und vier Männer.

Der Hintergrund des Angriffs ist derweil weiter rätselhaft. Das ZDF erklärte am Sonntag gegenüber »nd«, dass man zu dem möglichen Motiv keine Informationen habe. Martin Steltner von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin sagte gegenüber dieser Zeitung, dass die Täter »eher dem linken Spektrum« zuzurechnen seien. Worauf diese Einschätzung genau basiert, konnte er jedoch nicht erklären und verwies auf den polizeilichen Staatsschutz, der die Ermittlungen übernommen hat. Bei der Berliner Polizei wiederum hatte man aber auch keine weiterführenden Informationen. »Wir können das momentan nicht auflösen«, sagte ein Sprecher. Aus Polizeikreisen hieß es auf weitere Nachfragen lediglich, dass einige der Beschuldigten früher in linken Zusammenhängen aufgefallen sein sollen. Was das genau bedeutet, blieb unklar. Die Quelle verwies zudem darauf, dass von eingesetzten Totschlägern nichts bekannt ist. Harald Ortman, der Geschäftsführer der zuständigen Produktionsfirma TV United, hatte zuvor erklärt, dass entsprechende Waffen von den Angreifern benutzt worden wären.

Der 1. Mai zum Nachhören im ndPodcast. Von Tim Zülch

Auf Anfrage der »Welt« teilte die Berliner Polizei dagegen mit, dass über drei der mutmaßlichen Angreifer »Vorerkenntnisse links« existierten. Zwei dieser Personen seien demnach polizeilich auffällig geworden, weil sie gegen ein Versammlungsverbot verstießen und Beamte beleidigt hätten.

Bundesweit gab es Empörung über den Angriff. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) betonte: »Egal, ob rechts, links oder sonst wie motiviert, Gewalt gegen Medienvertreter ist durch nichts zu rechtfertigen.« Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Außenminister Heiko Maas (SPD) sowie Journalistenverbände verurteilten den Überfall scharf und forderten eine rasche Aufklärung. Lediglich aus dem AfD-Spektrum gab es hämische Kommentare. In der linksradikalen Szene der Hauptstadt wurde ebenfalls über den Angriff gemutmaßt. Dass organisierte linke Strukturen hinter der Attacke stecken könnten, wurde gegenüber »nd« von einem langjährigen Szenemitglied nahezu ausgeschlossen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.