• Berlin
  • Udo Wolf und Carola Bluhm

Linksfraktion plant Generationenwechsel

Udo Wolf und Carola Bluhm ziehen sich aus Vorstand zurück - Anne Helm und Carsten Schatz sollen übernehmen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Generationenwechsel steht seit Längerem auf der Agenda der Linksfraktion - doch bislang hieß es seitens der Fraktionsvorsitzenden Carola Bluhm und Udo Wolf stets, dass sie diesen Schritt noch prüften. Allgemein war erwartet worden, dass sich die Fraktion nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 personell neu aufstellen wird. Doch jetzt geht es schneller. Trotz der Coronakrise wird der Führungswechsel zeitnah vollzogen - am 2. Juni soll gewählt werden. Noch am Dienstag gaben Wolf und Bluhm während einer »Präsenzsitzung« der Fraktion im Gebäude des »neuen deutschland« bekannt, dass sie ihre Ämter zur Verfügung stellen werden.

Auch Nachfolger wurden bereits ins Spiel gebracht, die nur wenige auf dem Zettel gehabt haben dürften. Nach nd-Informationen sollen die Neuköllner Abgeordnete Anne Helm, die einige Zeit nach ihrem Austritt bei den Piraten im Jahr 2016 zur Berliner Linkspartei stieß, sowie Carsten Schatz an die Spitze nachrücken, der Bezirksvorsitzende von Treptow-Köpenick. Das würde gängigen Vorgaben genügen: Frau/Mann, Ost/West. Die 1986 in Rostock geborene Helm, die sich bisher im Abgeordnetenhaus als Sprecherin für Medien und Strategien gegen Rechts profilierte, ist, genauso wie der 1970 in Altenburg geborene Schatz deutlich jünger als ihre Vorgänger.

Aus persönlichen Gründen war die Fraktionsführung bereits in den vergangenen Wochen der Coronakrise nicht öffentlich aufgetreten. Die Fraktionssitzungen in diesen bewegten Wochen hatte bereits Schatz geleitet. Parteiintern gilt er als guter Organisator. Manche halten ihn auch für einen guten Parlamentarischen Geschäftsführer.

Offen will sich am Dienstag zunächst niemand zu den Vorschlägen für die neue Fraktionsspitze äußern. Fest steht: Für viele in der Linkspartei kommt die als »Generationenwechsel« bezeichnete Führungsübergabe sehr überraschend. Seit Dienstagmorgen klingeln jedoch die Telefone, über die Personalien wird in der Partei und unter den Abgeordneten schwer diskutiert.

»Kein Kommentar«, sagt die Linke-Landeschefin Katina Schubert auf nd-Nachfrage am Dienstagmittag. »Es gibt heute Nachmittag eine Fraktionssitzung, da wird sich die Fraktion verständigen«, so Schubert zu »nd«. Ein Dementi ist das nicht. Einige in der Partei hätten sich sogar gewünscht, dass Schubert selber neben dem Landesvorsitz auch den Fraktionsvorsitz im Abgeordnetenhaus übernimmt. Quasi als neue starke linke Frau, die dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Raed Saleh, und den beiden Grünen-Frauen Antje Kapek und Silke Gebel auf Augenhöhe begegnet. Schließlich gelten sowohl Saleh als auch Kapek in Berlin als ausgesprochen starke Fraktionsvorsitzende. Die scheidende Spitze der Linksfraktion, Bluhm und Wolf, dürften beispielsweise in den Verhandlungen zum Mietendeckel mit diesen Politikerinnen und Politikern ihre Erfahrungen gemacht haben.

Lesen Sie auch: Die alten Gräben brechen auf - Martin Kröger über die Personaldebatte in der Linken

Welche Auswirkungen der geplante Stabwechsel an der Spitze der Linksfraktion auf die Stabilität von Rot-Rot-Grün hat, bleibt abzuwarten. Auch bei SPD und Grünen laufen die Personaldebatten zur kommenden Abgeordnetenhauswahl. Mit Helm und Schatz könnte die Linke jetzt wohl zwei Personen eine Spitzenposition bieten, die bisher eher in der zweiten Reihe standen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -