Neue Partei gegen Corona- Maßnahmen

Rechte vereinnahmen Proteste von Skeptikern

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit Andauern der Pandemie beginnen sich Gegner der Corona-Maßnahmen in Deutschland stärker zu organisieren. So kam es in den vergangenen Wochen nicht nur in zahlreichen Städten zu Demonstrationen, an denen Tausende teilgenommen hatten. Jüngst formierte sich auch die »Mitmachpartei« »Widerstand 2020«. Was steckt dahinter?

Inhaltliches Kernelement sei der Widerstand gegen Grundrechtseinschränkungen in der Coronakrise, heißt es von den Gründern um Victoria Hamm, den Arzt Bodo Schiffmann sowie den Rechtsanwalt Ralf Ludwig. Alle weiteren Programmpunkte sollen basisdemokratisch bestimmt werden. Konkret fordert man bisher, dass der Bundestag durch ein Notstandsparlament aus 700 Menschen ersetzt wird. Die neuen Repräsentanten sollen in den letzten fünf Jahren nicht in der Politik tätig gewesen sein. Mitglieder gebe es bereits über 100 000, heißt es von den Gründern, doch die Zahl wird von Experten angezweifelt. Auch die erklärte Praxis, nur anonyme Spenden annehmen zu wollen, wird als unvereinbar mit dem Parteienfinanzierungsgesetz bewertet. Parteienrechtler weisen darauf hin, dass man bei dem Projekt eher von einer Bewegung sprechen müsse, da es noch keinen offiziellen Parteistatus besitze. Nichtsdestotrotz wollen die Gründer im kommenden Jahr zur Bundestagswahl antreten.

Der Soziologe Matthias Quent vom Jenaer Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft warnt vor der Gefahr, die von der Initiative ausgeht. »Widerstand 2020« sei ein Sammelbecken für »Unzufriedene und Frustrierte, Verschwörungserzähler, Esoteriker, Impfgegner, Antisemiten und Rechtsradikale«, erklärt der Wissenschaftler. Tatsächlich sind die Verbindungen in die rechte Szene augenfällig, die Wut gegen Wissenschaft, die Bundesregierung und den US-Unternehmer Bill Gates umfänglich. In Gera stellte sich beispielsweise die AfD an die Spitze der Corona-Proteste, in Aue die lokale NPD, in Berlin nahm der frühere NPD-Chef Udo Voigt teil. Extrem rechte bis verschwörungstheoretische Medien wie das »Compact«-Magazin oder »Ken FM« unterstützen sie. Mitgründer Schiffmann sprach mit Martin Sellner, Frontmann der »Identitären Bewegung«. Letzterer rief »Patrioten« zu einem Zweckbündnis mit der Initiative auf.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Müller hatte in einem Interview mit dem rechten Blog »PI News« direkt erklärt, dass er sich eine außerparlamentarische Zusammenarbeit mit »Widerstand 2020« vorstellen könne. Das Verhältnis zur Rechtsaußenpartei scheint ambivalent. »Die AfD hat derzeit ein großes Problem, da sie zu Anfang die Maßnahmen der Bundesregierung zu Corona mitgetragen hat«, erklärt der Forscher Miro Dittrich von der Amadeu Antonio Stiftung. Das führe zu großem Frust bei den Demonstranten. Um den Anschluss an ihre Kernwähler nicht zu verlieren, werde sich die AfD an den »Wahnsinn« anpassen müssen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.