Werbung

Verschwörung mit Neonazis wird gewalttätiger

Nach Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen eskaliert rechter Mob Kundgebung auf dem Alexanderplatz

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

»Volksverräter«, »Widerstand« und »Wir alle sind das Volk« - die Rufe, die am späten Samstagnachmittag über den Alexanderplatz schallten, machten deutlich, welche Art Demonstranten sich hier zu einer unangemeldeten Kundgebung zusammengefunden hatten. »Rechtsextreme Hooligans dominieren die rechtsoffene Ansammlung von mehreren Hundert Personen«, teilten Vertreter vom antifaschistischen Bündnis Berlin gegen Nazis mit.

Die Polizei sprach später von bis zu 1200 Personen. Aus der gewaltbereiten Menge wurden nach Angaben der Polizei Flaschen auf Beamt*innen geworfen. Die Polizei versuchte, auf Abstandsgebote hinzuweisen, und setzte für Übersichtsaufnahmen einen Hubschrauber ein. Sie war dort mit 500 Beamt*innen im Einsatz. 86 Personen seien festgenommen und nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen worden. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie sich Beamte vor aggressiven Demonstranten zurückziehen.

Auch vor dem Reichstagsgebäude hat die Polizei wegen der Nichteinhaltung von Regeln zur Corona-Eindämmung etwa 30 Menschen festgenommen. Dabei ging es vor allem um die Feststellung der Personalien, weil trotz der Ansage der Polizei zu viele Menschen auf dem Platz der Republik waren oder der Mindestabstand nicht eingehalten wurde.

Auch der mittlerweile nicht mehr nur für seine veganen Rezepte, sondern auch für rechte Verschwörungstheorien bekannte Koch Attila Hildmann wurde von der Polizei aufgefordert, sich einen anderen Protestplatz zuweisen zu lassen (»nd« berichtete). Hildmann sei aber nicht festgenommen worden und habe den Platz später verlassen, sagte eine Polizeisprecherin.

Auch auf dem Rosa-Luxemburg-Platz und in der Umgebung waren für Samstag insgesamt zwölf Kundgebungen angemeldet, von denen zehn stattfanden. Vor der Volksbühne kamen erneut etwa 300 Personen aus dem Spektrum rechtsoffener Verschwörungstheoretiker*innen zusammen.

Simon Teune, Soziologe an der Technischen Universität Berlin, schreibt den Veranstaltungen das Potenzial zu, »verschiedene Gruppen anzuziehen, die eine ganz unterschiedlich motivierte Kritik haben«. »Es gibt Formen einer unterkomplexen Kritik, die nicht über links oder rechts definiert ist: ›Die Medien verbreiten nur Lügen‹ oder ›die Regierung ist fremdgesteuert‹ ist anschlussfähig an verschiedene politische Milieus«, erklärt der Protestforscher. Für die extreme Rechte sei es ein gut passendes Puzzlestück in ihrer Erzählung vom »Merkelregime«, das sich nahtlos mit der populistischen Erzählung von einer Verschwörung der Eliten gegen die normalen Leute verbinden lasse. Es sei für rechte Akteure interessant, sich da einzubringen und werde immer mehr von Neonazis, von der AfD und von den rechten »Alternativmedien« zum Thema gemacht, erklärte Simon Teune.

Die Polizei beobachtete nach eigenen Angaben mehrere Verstöße gegen die Auflagen einer Maximalzahl von 50 Teilnehmer*innen bei Demonstrationen und gegen den einzuhaltenden Mindestabstand von anderthalb Metern. Sie löste die Kundgebungen aber nicht auf. Die Polizei war den Tag über mit 1000 Beamt*innen im Einsatz.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -