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Bis Ende Juli soll gewählt werden - diesmal wirklich

Wahlkommission in Warschau legt nach »Geisterwahl« vom 10. Mai weiteres Vorgehen fest / Deutliche Verschiebungen in der Wählergunst

  • Lesedauer: 2 Min.

Die wegen der Corona-Krise ausgefallene Präsidentschaftswahl in Polen soll bis Ende Juli nachgeholt werden. Das legte die nationale Wahlkommission nach der umstrittenen »Geisterwahl« vom Sonntag fest. Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage sank derweil die Zustimmung zu Amtsinhaber Andrzej Duda. Der 47-Jährige steht der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nahe.

Um die Präsidentschaftswahl hatte sich ein Streit zwischen Regierung und Opposition entwickelt, den Experten als »absurd« und geradezu kafkaesk bezeichnen: Erstmals war es in Polen am Sonntag zu einer »Geisterwahl« gekommen; die Regierung hatte den Urnengang weder verschoben noch abgesagt, die Wahllokale blieben wegen der Corona-Pandemie aber geschlossen.

Die Wahlkommission stellte daraufhin offiziell fest, dass es den Bürgern »nicht möglich war, für einen Kandidaten zu stimmen«. Nach Weisung des Gremiums soll der Sprecher des Unterhauses nun innerhalb der kommenden zwei Wochen einen neuen Termin festsetzen. Er muss innerhalb von 60 Tagen nach seiner Verkündigung liegen, also bis Ende Juli.

Grund für das Hickhack ist ein Streit um eine verfassungskonforme Lösung für den Wahlaufschub. Die Opposition forderte die Ausrufung einer »Naturkatastrophe«, um die Wahl in der Pandemie legal verschieben zu können. Die Regierung wies dies jedoch zurück. Sie argumentierte, das neuartige Coronavirus habe sich nicht stark genug in Polen ausgebreitet und ausländische Konzerne könnten in diesem Fall womöglich Schadenersatz verlangen.

Der Streit um die Wahl hat auch die EU-Kommission auf den Plan gerufen: Sie äußerte die Sorge, dass kein fairer Wahlkampf möglich sei. Die Opposition konnte wegen des Versammlungsverbots nur eingeschränkt Wahlkampf machen, während Amtsinhaber Duda mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus regelmäßig in den Medien präsent ist.

Allerdings sinkt die Popularität des Präsidenten laut einer neuen Umfrage: Danach käme Duda in der ersten Wahlrunde nur noch auf 45 Prozent und müsste sich einer Stichwahl stellen. Zugleich bringt sich ein neuer Herausforderer in Stellung: Der linksgerichtete Autor Szymon Holownia könnte gut 19 Prozent der Stimmen holen, wie die Befragung des Instituts Ibris für die Zeitung »Rzeczpospolita« ergab. Holownia rückte vor den bisher zweitplatzierten Chef der konservativen Bauernpartei PSL, Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, der demnach auf knapp 17 Prozent hoffen kann. Agenturen/nd

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