Für jeden mit sozialer Ader

Ob Arztbegleitung oder Einkaufshilfe - beim »Helferbär« sind Junge für Alte da

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wir waren als Freunde damit konfrontiert, dass es unseren Großeltern, die weit weg wohnen, zuweilen an ganz einfacher Unterstützung fehlte«, sagt Alessandro Nobbe. Er hat die Idee mitentwickelt, die zum »Helferbären« führte. »Meiner Oma musste mal der Computer eingerichtet oder im Garten geholfen werden. Aber bei den klassischen Pflegediensten gibt es dafür keine Zeit, weil dort oft der Leistungsdruck so hoch ist«, erinnert sich der 23-Jährige. Die Gruppe junger Menschen dachte sich, dass es gerade für Jüngere wie sie selbst, leicht ist, diese Art von Unterstützung anzubieten. »Aber es ist auch eine gute Möglichkeit, mit älteren Menschen in Kontakt zu sein und darüber hinaus zum Beispiel das Studium zu finanzieren«, sagt der ehemalige Geologiestudent.

Hat Nobbe bis vor Kurzem noch studiert, so ist er jetzt Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens, das sich soziale Verantwortung auf die Fahnen geschrieben hat. Die Idee entstand im Herbst 2018, im März 2019 ging der »Helferbär« an den Start - begleitet von Potsdam-Transfer, einer wissenschaftlichen Einrichtung der Universität Potsdam, die solche Gründungsinitiativen unterstützt. Seit Kurzem gibt es auch einen Ableger in Hamburg - ein Freund des Kreises, der die »Helferbären« aufgebaut hat.

Während in der Berliner Geschäftsstelle nun fünf der jungen Leute die Organisation betreiben, sind mittlerweile 30 Mitarbeiter*innen im Stadtgebiet von Berlin und in Potsdam unterwegs und unterstützen vor allem ältere Menschen mit »haushaltsnahen Dienstleistungen«, wie es heißt - also putzen, Wäsche waschen, Müll rausbringen, kochen, Haustiere versorgen. Aber auch alle Arten von Begleitdiensten werden angeboten, bei Arztbesuchen, zur Apotheke und zur Post, zu Veranstaltungen und Ausflügen - oder einfach zum Spazierengehen. Ganz genau werde abgefragt, was die Klient*innen benötigen - medizinische Pflege ist allerdings nicht darunter.

Dennoch werden die Leistungen vom »Helferbär« vollständig von der Pflegekasse übernommen. Man habe das Angebot exakt an die Ansprüche aus den Pflegekassen angepasst, schildert Alessandro Nobbe die finanzielle Grundlage des kleinen Betriebs. Damit könne alles schnell und unkompliziert abgerechnet werden, ohne dass ein Eigenanteil anfalle.

Das Konzept werde gut angenommen, auch mit den Berliner Pflegestützpunkten gebe es vielfach Kooperationen, freut sich der junge Geschäftsführer. »Sowohl die Alten als auch die Jungen sind sehr zufrieden mit der Idee, Menschen zusammenzubringen, die trotz des Altersunterschieds gemeinsame Interessen haben«, berichtet Nobbe und illustriert dies mit dem Beispiel eines an Parkinson erkrankten Seniors. Dieser habe gehofft, jemanden zu finden, der mit ihm seine Modelleisenbahn bedienen und warten könne. So habe sich unter den »Helferbären« ein junger Bauingenieur gefunden, der die Aufgabe gern übernommen habe.

Überhaupt kommen viele der studentischen Mitarbeiter*innen eher aus pflegefernen Bereichen: »Bei uns arbeiten Juristen, Mechatroniker, BWLer - die Arbeit ist eigentlich für jeden interessant, der eine soziale Ader hat«, so der junge Mann. Auch nur für zwei Stunden in der Woche könne man der »Helferbär«-Beschäftigung nachgehen, erklärt Nobbe. Neben der Geschäftsführung übernimmt er im Übrigen die gleichen Arbeiten wie seine Mitarbeiter*innen auch - und kommt so schon einmal auf 60 Wochenstunden.

Die meisten der Tätigkeiten, die beim »Helferbär« entlohnt werden, gehören für viele Menschen sicher in den Bereich des klassischen Ehrenamts. Das wird gerade jetzt in der Zeit der Corona-Pandemie deutlich. Viele Berliner*innen engagieren sich seit Wochen für ältere Menschen oder andere Betroffene aus Covid-19-Risikogruppen. Nur für alle reiche das Engagement nicht, ist sich Alessandro Nobbe sicher: »Viele Menschen fahren nach der Arbeit noch bei ihren älteren Angehörigen vorbei, machen die Wäsche, räumen den Haushalt auf.« Mit dem »Helferbär« entlaste man daher auch pflegende Angehörige - der Kontakt innerhalb der Familien könne sich entspannen und auf das Persönliche richten.

Es gebe noch immer zu wenig politische Unterstützung innovativer Ansätze im Pflegebereich, ist sich Nobbe sicher. Und die Pflegekrise wird gerade von der Coronakrise befeuert. »Aber gemeinsam kann sie überwunden werden«, sagt Nobbe und klingt dabei nicht unbedingt wie ein typischer 23-Jähriger.

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