- Brandenburg
- Erntehelfer
Faire Bedingungen für Erntehelfer
Landesregierung will gemeinsam mit Agrar- und Anbauverbänden Bedingungen für »gute Saisonarbeit« schaffen
Anderthalb Monate nach einem komplizierten Saisonstart bei den Gemüse- und Obstanbaubetrieben in Brandenburg arbeitet die Landesregierung die Probleme im Bereich der Saisonarbeit auf. Die heimischen Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe sind auf befristet eingestellte Erntehelfer angewiesen - um sie bei der Stange zu halten, müssen die Arbeitsbedingungen stimmen. Wie »gute Saisonarbeit« künftig zu gewährleisten sei, hat zu Wochenbeginn ein Runder Tisch diskutiert, zu dem Agrarminister Axel Vogel (Grüne) und Arbeitsminister Jörg Steinbach (SPD) nach Potsdam geladen hatten. Gekommen waren Vertreter von Gewerkschaften, Agrar- und Gartenbauverbänden.
»Keine heimischen Erdbeeren, Spargel, Gurken - auch nicht im Glas: Die Brandenburger Landwirtschaft und Ernährungsbranche kann nicht ohne Saisonkräfte leben - und arbeiten.« So fassten die Teilnehmer die Ausgangslage zusammen.
Wie sehr Brandenburgs Agrarbetriebe auf geeignete Saisonkräfte angewiesen sind, zeigte sich in der beginnenden Coronakrise. Als erste mussten die Spargelbauern ab Mitte März um jeden Erntehelfer kämpfen, um zumindest den Saisonstart absichern zu können. Denn wegen der Pandemie hatten die wichtigsten Herkunftsländer, aus denen die meisten der gut geschulten Niedriglohnempfänger kommen - Rumänien und Polen -, die Grenzen dicht gemacht und strenge Quarantänevorschriften erlassen. Erst im April wurde einer begrenzten Anzahl die Einreise ermöglicht. Zudem sahen sich hiesige Arbeitgeber Vorwürfen wegen angeblicher oder tatsächlicher Ausbeutung und schlechter Betreuung der ausländischen Saisonkräfte ausgesetzt.
»Ohne Saisonbeschäftigte und hier insbesondere ausländische Arbeitneh᠆merinnen und -nehmer würden der Gemüse- und Obstanbau weitestgehend aus Brandenburg verschwinden und viele Agrarflächen unbearbeitet bleiben«, hatte Vogel im Vorfeld erklärt. Rund 300 000 Saisonkräfte, die jedes Jahr aus Osteuropa kämen, sicherten hierzulande die Versorgung der Bevölkerung mit frischem und regionalem Obst und Gemüse.
Märkische Erzeuger haben angesichts der sehr arbeitsintensiven Kulturen und des riesigen Drucks des Handels auf die Abnahmepreise kaum finanzielle Spielräume. In einer am Dienstag veröffentlichen Mitteilung heißt es: »Die Verbände des Garten-, Obst- und Spargelanbaus, der Landesbauernverband, Bauernbund und Ökoanbauverbände in Brandenburg haben ein existenzielles Interesse daran, dass die saisonal eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wiederkommen und einen festen qualifizierten Mitarbeiterstamm herausbilden.«
Um dies zu sichern, gehe es unabhängig von Corona um faire Arbeitsbedingungen, betonte Axel Vogel. Die Branche versprach daher, »schwarzen Schafen«, die sich nicht an Lohnstandards, angemessene Unterbringung und festgelegte Arbeitszeiten sowie Hygienevorkehrungen hielten, entschieden entgegenzutreten. Regelmäßig führe auch das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit gemeinsam mit dem Zoll Kontrollen durch. Der Agrarminister kündigte zudem an, mit dem Handelsverband Berlin-Brandenburg gerechtere Marktbeziehungen und angemessene Preise zu thematisieren.
Arbeitsminister Steinbach forderte, angesichts wachsender Arbeitskräfteknappheit mittel- und langfristig mehr für »Gute Arbeit« zu tun, »damit die Saisonarbeit in der Landwirtschaft attraktiv bleibt«. Voraussetzung seien Dialog und Teilhabe der Akteure.
»Alle Beteiligten - die Gewerkschaften, die Anbauverbände als Arbeitgeber und die Landesregierung - wollen, dass gute Saisonarbeit ein echtes Qualitätsmerkmal für die Landwirtschaft und das Verarbeitungsgewerbe in Brandenburg wird«, resümierte Axel Vogel.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!