- Politik
- Ehegattensplitting
Steuerrecht zementiert alte Rollenmodelle
Verheiratete Männer profitieren - auch in der Krise
Beim sogenannten Ehegattensplitting werden die Löhne Verheirateter addiert und danach gleichmäßig auf beide Partner verteilt. So spart derjenige, der mehr verdient, erheblich bei der Einkommensteuer. Damit begünstigt das deutsche Steuerrecht Ehen, in denen ein Partner mehr verdient als der andere. In der Praxis bedeutet das: Spitzenverdiener mit nicht erwerbstätiger Ehefrau haben den größten Vorteil. Denn das Modell Spitzenverdienerin mit Hausmann kommt in der Realität kaum vor.
Dass das Ehegattensplitting vor allem Frauen benachteiligt, illustriert die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag. Demnach besitzen Männer in Deutschland durchschnittlich deutlich mehr Vermögen als Frauen. Sie sparen zugleich massiv Steuern, wenn ihre Ehefrauen niedrige oder gar keine Erwerbseinkünfte haben.
Die Coronakrise könnte diesen Effekt noch einmal verstärken: Verheiratete Frauen, die in Kurzarbeit gehen, um die Kinder zu betreuen, bekommen dadurch deutlich weniger netto als zuvor. Denn durch die Mindereinnahmen fallen sie zu etwa 90 Prozent in die Steuerklasse V mit hohen Abgaben, während ihre Männer in Steuerklasse III stärker vom Splitting profitieren.
Lisa Paus, Finanzexpertin der Grünen, sagte am Mittwoch im »Inforadio«, der Fakt, dass sämtliche Vergünstigungen für höhere Einkommen gelten, zeige, »dass Frauen vom Steuersystem benachteiligt werden«. Schließlich verdienten sie im Schnitt erheblich weniger. Paus widersprach auch dem Argument von Unternehmern und Steuerberatern, Frauen hätten durch das Splitting früher mehr Geld. Denn bei Sozialversicherung oder Lohnersatzleistungen hätten sie langfristig deutlich geringere Nettoansprüche als Männer. Das führe zu niedrigen Renten und damit häufig zu Altersarmut, warnte Paus. Grüne und Linkspartei, aber auch die SPD, fordern eine Abschaffung des Ehegattensplittings. Sie monieren zudem, dass das Steuersystem auch Alleinerziehende benachteiligt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.