Soforthilfe ersetzt kein Hartz IV

Manche Jobcenter verwehren Grundsicherung wegen Coronahilfen

  • Lisa Ecke
  • Lesedauer: 3 Min.

Neue Anträge auf Grundsicherung werden von verschiedenen Jobcentern abgelehnt, wenn die Antragsstellenden zuvor finanzielle Hilfe aus dem Soforthilfeprogramm der Bundesregierung beantragt haben. Auf das Problem hat die Linke-Parteivorsitzende Katja Kipping aufmerksam gemacht. Sie hatte zuvor mehrere Zuschriften von Betroffenen erhalten. Aus einem der Ablehnungsbescheide, den sie veröffentlicht hat, geht hervor, dass der betroffene Antragssteller keinen Cent Grundsicherung erhält. In dem Bescheid steht: »Sie erhalten unstreitig in dem relevanten Bewilligungszeitraum eine Soforthilfe des Landes in Höhe von 9000 Euro.« Das Jobcenter Köln begründet die Ablehnung von dem Hartz-IV-Bezug weiter damit, dass die Soforthilfe die Betriebsausgaben übersteigen würde.

Kipping schreibt dazu: »Diese Ablehnungsentscheidung ist höchst fragwürdig. Die Wirtschaftshilfen sind schließlich für die laufenden Betriebskosten des Unternehmens, das durch die Coronakrise gerade seine Einnahmen verliert.«

Soloselbstständige und kleine Betriebe können noch bis Ende Mai einen einmaligen Zuschuss von bis zu 15 000 Euro beantragen, um ihre laufenden betrieblichen Kosten während der Pandemie zu decken. Zahlreiche Selbstständige haben diese bereits beantragt. Für die Soforthilfen aus Nordrhein-Westfalen steht sogar in der offiziellen Erläuterung: »Wird der Zuschuss aus der Soforthilfe als Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II angerechnet? Nein.« Die Hilfe solle stattdessen wirtschaftliche Existenz sichern, die Grundsicherungsleistung nach dem SGB II hingegen »insbesondere Bedarfe für Ernährung, Kleidung, Hausrat, etc. sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung«.

Diese Regelung gilt nicht nur für NRW, das hat die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Nachfrage von Kipping klargestellt. Dort steht: Wenn die Corona-Soforthilfe nicht der Grundsicherung diene, sei sie nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Somit ist sie also auch nicht anrechenbar auf einen Hartz-IV-Bezug. Laut der Antwort trifft das »auf die Mehrzahl der Corona-Soforthilfen zu«. Nicht nur Kipping, sondern auch Erwerbslosenverbände haben darauf hingewiesen, dass einige Jobcenter die Soforthilfe jedoch trotzdem auf die Grundsicherung anrechnen.

Eigentlich wurde bereits im ersten Sozialschutzpaket im März beschlossen, dass bis Ende Juni ein »vereinfachter Zugang zu Grundsicherung« besteht - ohne Vermögensprüfung, schnell und unbürokratisch. Durch das von Kipping veröffentlichte Beispiel wird jetzt die gegenteilige Praxis der Jobcenter deutlich. Offensichtlich müssen selbstständig tätige Hartz-IV-Antragsstellende nachweisen, wofür sie ihre Soforthilfe nutzen. In der Antwort der Bundesregierung heißt es: »Deckt die Soforthilfe alle betrieblichen Ausgaben ab und verbleibt ein Rest, ist dieser nicht als Einkommen zu berücksichtigen.« Falls der Betrieb auf Grund der Soforthilfen einen Gewinn erwirtschaftet, so werde dieser wie selbst erwirtschaftet behandelt.

Die Jobcenter prüfen also die Notwendigkeit der Ausgaben, um festzustellen, ob die Soforthilfe nicht doch der Grundsicherung statt der laufenden Betriebskosten dient. Besonders für Soloselbstständige ist das aber problematisch: Ihre Betriebsausgaben sind nicht jeden Monat gleich hoch und oft nicht planbar. Vor dem Ende des Bewilligungszeitraumes können sie nicht sicher festlegen, wie hoch die tatsächlichen Betriebsausgaben sein werden. Von einer nach dem Sozialschutzpaket ausgesetzten Vermögensprüfung für den Erhalt der Grundsicherung kann so auf jeden Fall nicht die Rede sein. »Wer also solche Ablehnungsbescheide erhält, dem kann ich nur empfehlen, Widerspruch einzulegen«, resümiert Kipping.

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