Ramelow will Corona-Beschränkungen für Thüringen aufheben

Hintergrund der Lockerunge sei die niedrige Zahl der Infektionen

  • Lesedauer: 2 Min.

Erfurt. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will die allgemeinen Corona-Beschränkungen in seinem Bundesland aufheben. Als Grund nannte Ramelow in der »Bild am Sonntag« die niedrige Zahl der Infektionen. »Wir haben im März auf der Grundlage von Schätzungen von 60.000 Infizierten entschieden - jetzt haben wir aktuell 245 Infizierte«, sagte der Regierungschef. Der Erfolg zeige, dass die harten Maßnahmen zurecht ergriffen wurden, zwinge nun aber auch zu realistischen Konsequenzen. »Und das heißt: Für Thüringen empfehle ich die Aufhebung der Maßnahmen.«

Auf seiner Internetseite schrieb Ramelow, er werde dem Kabinett Vorschläge unterbreiten, »wie wir ab dem 06. Juni auf allgemeine Schutzvorschriften verzichten können und hin zu einem Konzept des Empfehlens und der lokalen Covid19-Bekämpfung bei wieder ansteigenden Infektionszahlen kommen.« Das Motto solle lauten: »Von Ver- zu Geboten, von staatlichem Zwang hin zu selbstverantwortetem Maßhalten.«

Im Kern werde es darum gehen, dass bereits vor dem Erreichen des Grenzwertes von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner im Gesundheitsministerium ein Alarmsystem ausgelöst werde, erläuterte Ramelow weiter. In der Folge sollten sofort Unterstützungsmaßnahmen für betroffene Städte und Kommunen veranlasst werden, um neue Infektionsherde einzudämmen und eine optimale medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Mit seiner Haltung stößt Ramelow in der eigenen Koalition auf zurückhaltende bis skeptische Reaktionen. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärte, er unterstütze den Vorschlag Ramelows für eine zügige Aufhebung aller Corona-Beschränkungen, »soweit damit nicht grundlegende Hygiene- und Arbeitsschutzregelungen gemeint sind«. Zugleich warnte Tiefensee vor einer sofortigen und weitgehenden Aufhebung der Schutzmaßnahmen.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, Matthias Hey, sagte der »Bild am Sonntag«, Ramelows Vorhaben habe »überall große Irritationen ausgelöst«. Er gehe davon aus, dass auch ab dem 6. Juni in Thüringen Drittligaspiele im Fußball ohne Zuschauer stattfinden, genauso wie in anderen Regionen.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bezeichnete Ramelows Plan als klaren Fehler. »Wir haben keine Neuigkeiten in Bezug auf die Gefährlichkeit des Virus«, sagte Lauterbach der »Saarbrücker Zeitung« (Montag). Thüringen stelle jetzt genau die Maßnahmen in Frage, »denen man den gesamten Erfolg im Moment zu verdanken hat«. Lauterbach verwies darauf, dass es weiterhin eine hohe Sterblichkeit gebe und weder ein wirksames Medikament noch eine Impfung gefunden seien. »Von daher gibt es überhaupt keinen Grund, das aufzuheben, was wir mühsam gelernt haben - etwa Abstand zu halten und eine Maske zu tragen.« epd/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.