Wird noch viel Kohlestrom gebraucht?
Die Verunsicherung im Zuge der Coronakrise macht sich die Lausitzer Energie AG (Leag) zunutze und setzt hinter den an sich beschlossenen Kohleausstieg jetzt noch mal ein Fragezeichen. Das geht aus einem Brief des Konzerns an die Bundesregierung hervor.
Da das Kohleausstiegsgesetz tatsächlich noch nicht endgültig verabschiedet ist, sind Änderungen noch möglich. Die Leag betreibt Tagebaue und Braunkohlekraftwerke in Brandenburg und Sachsen und fordert, das Gesetz in einem wesentlichen Punkt abzuändern. In einem Schreiben des Vorstandschefs Helmar Rendez an den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Marco Wanderwitz wird gefordert, »die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der ostdeutschen Tagebaue im Gesetzestext explizit festzustellen«. Andernfalls wäre »die konstruktive Umsetzung des Kohleausstiegs in der Lausitz infrage gestellt«. Zwar wird am Kohleausstieg grundsätzlich nicht gerüttelt, doch will die Leag selbst entscheiden, wo und wie sie Kohle bis zum letzten Termin fördern kann.
Hintergrund ist offenbar die Befürchtung, dass die Grünen gestärkt aus der Bundestagswahl 2021 hervorgehen, in die Regierung kommen und den geplanten Kohleausstieg noch beschleunigen. Um dem zu begegnen, fordert der Konzern das, was er »Planungssicherheit« nennt. Zielmarke sei das Jahr 2038. Man wolle, »dass nicht wieder etwas geändert wird«.
Die Grünen im Landtag und auch die Grüne Liga protestieren auf das Heftigste. Der brandenburgische Landtagsabgeordnete Clemens Rostock (Grüne) erklärt: »Die Forderung der Leag, eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit von Tagebauen auf Bundesebene festzuschreiben, lehnen wir ab.« Über die energiewirtschaftliche Notwendigkeit von Tagebauen entscheide »immer noch das Land Brandenburg im Zuge von Braunkohleplänen«, so Rostock.
In der Landesregierung sind die Grünen bereits vertreten. Im Koalitionsvertrag mit SPD und CDU steht, dass es keine neuen Tagebaue, keine Tagebauerweiterung und keine Umsiedlung von Dörfern mehr geben werde.
»Die Leag versucht, dem Gesetzgeber die Katze im Sack zu verkaufen«, urteilt René Schuster von der Grünen Liga. »Das Unternehmen hat angekündigt, seine Abbauplanung um etwa 340 Millionen Tonnen reduzieren zu müssen, verrät aber noch nicht, wo diese Kohle im Boden bleiben würde.« Für Schuster ist der »einzige korrekte Weg«, nach Verabschiedung des Kohleausstiegsgesetzes die energiepolitisch notwendige Kohlemenge und die entsprechende Abbauplanung in transparenten rechtsstaatlichen Verfahren zu ermitteln. Die Schritte dürften nicht vertauscht werden. Sonst würde der Lausitzer Energie AG ein Blankoscheck ausgestellt.
Der durch die Coronakrise bedingte Rückgang bei der Industrieproduktion hat den Energiebedarf um etwa 20 Prozent reduziert.
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