Umworbener Künstler

Überflieger Kai Havertz trifft mit Leverkusen auf den FC Bayern.

  • Andreas Morbach
  • Lesedauer: 4 Min.

Dank seiner Vergangenheit hat Sven Bender ein besonderes Verhältnis zum Freistaat Bayern und dessen selbstbewusster Metropole München. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Lars kam er vor 31 Jahren in Rosenheim, 65 Kilometer südöstlich der Landeshauptstadt gelegen, zur Welt. Als Jugendlicher kickte er fünf Jahre für die Münchner »Löwen«, die gerade drauf und dran sind, den Sprung zurück in die zweite Liga zu schaffen. Als zweiter Fußballklub in einer Stadt, dessen rot-weißes Aushängeschild am Wochenende die mutmaßlich allerletzte Hürde auf dem Weg zum nächsten Meistertitel nehmen will. Und das in Leverkusen, wo das bajuwarische Brüderpaar nach Sven Benders Wechsel aus Dortmund seit drei Jahren vereint ist.

Der FC Bayern hat fünf Runden vor Saisonschluss sieben Punkte Vorsprung auf den ersten Verfolger Borussia Dortmund. Vor dem Duell mit dem Branchenriesen aus dem Süden sagt Sven Bender tapfer: »Es wäre schön, wenn wir die Bayern noch mal ärgern könnten.« So wie beim - glücklichen - 2:1-Sieg in München vor sechs Monaten. Oder wie beim 3:1 im Februar 2019 in der heimischen Arena.

Einen besonders pikanten Anstrich bekäme so ein ungewöhnlicher Erfolgshattrick gegen die Bayern für Kai Havertz - Leverkusens Jungstar, der in absehbarer Zeit auf der Gehaltsliste der Münchner stehen könnte. Die außergewöhnlichen Qualitäten des 20-Jährigen kennt auch Christian Streich - der Ur-Schwarzwälder mit den unkonventionellen, ehrlichen Statements, dem auch bei Deutschlands aktuell begehrtestem Fußballer kürzlich ein schöner Vergleich gelang. »Mich würde mal interessieren, was für einen Puls er hat«, sagte Freiburgs Cheftrainer über Havertz. »Der ist bestimmt halb so hoch wie meiner.« Einen Tag später erlebte der 54-Jährige den Hochbegabten aus dem Rheinland dann in natura.

Beim Leverkusener 1:0 im Breisgau erzielte Havertz prompt das entscheidende Tor - in seiner für jeden Gegner brandgefährlichen Mischung aus Lässigkeit, Konzentration, Eleganz und Abgebrühtheit. »Das ist die Qualität, die Kai hat. Er braucht nur diese eine Situation«, kommentierte Freiburgs Kapitän Christian Günter beeindruckt. Streich fand den Treffer schlicht »genial«. Während Havertz’ Mannschaftskollege Julian Baumgartlinger auf die spezielle Güte der siegbringenden Aktion verwies: »Das war gar keine hundertprozentige Chance.«

Hundertprozentig einig sind sich die Leverkusener Verantwortlichen darin, für den nahenden Wechsel von Havertz zu einer europäischen Topadresse eine Summe um die 100 Millionen Euro aufzurufen. Trotz der aktuellen Verunsicherung auf dem Transfermarkt, hervorgerufen durch die Coronakrise. Interesse an den Diensten des gebürtigen Aacheners haben dabei unter anderem die Bayern. Entsprechend steht der auf dem Kontinent heftig umworbene »Künstler«, wie Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler verehrend das Bayer-Juwel Havertz nennt, an diesem Sonnabend ganz vorne im Schaufenster.

Der Kontrakt des schlanken Offensivspielers in Leverkusen läuft bis zum Sommer 2022 - und Völler äußerte gerade ganz vorsichtig »so eine kleine Hoffnung, dass wir ihn hier noch ein Jährchen behalten können und dürfen«. Eine Variante, die auch den Münchnern gelegen käme: Deren Interesse an einer Verpflichtung von Nationalspieler Leroy Sané, der noch bis 2021 bei Manchester City unter Vertrag steht, ist schließlich hinlänglich bekannt. Für den ehemaligen Schalker standen zuletzt Ablösesummen zwischen 45 und 100 Millionen Euro im Raum. Und Sané und Havertz auf einen Schlag wird sich wohl auch der Rekordmeister aus Bayern nicht leisten wollen.

Als nächste Anlegestellen in Havertz’ steiler Karriere werden neben München unter anderem Barcelona, Liverpool, Real Madrid oder Manchester United gehandelt. Die Variante, dass Leverkusens Edelkicker tatsächlich noch eine Saison unter dem Bayer-Kreuz zaubert, um dann nach München zu wechseln, dürfte dabei vor allem Hansi Flick gefallen. Kai Havertz, dessen Tendenz laut »Kicker« allerdings nicht »klar in Richtung München« gehe, gilt schließlich als Wunschspieler des Münchner Trainers. Und den kann Flick nun beim Spitzenspiel seiner Bayern in Leverkusen noch mal in aller Ruhe aus nächster Nähe studieren.

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