Hilfe für die Krisenverlierer
Linksfraktion in Brandenburg fordert Landesregierung auf, bei den Corona-Maßnahmen zu ihren Zusagen zu stehen
Die Brandenburger Linke fordert die Landesregierung auf, bei den Corona-Maßnahmen zu ihrem Wort zu stehen. Es drohe die Gefahr, dass jene die Krise bezahlen müssen, »denen es auch vorher schon nicht gut gegangen ist«, sagt Fraktionschef Sebastian Walter am Dienstag in Potsdam nach den Fraktionssitzungen im Landtag. Er nannte in diesem Zusammenhang die Pflegefachkräfte, »die nach wie vor auf ihre Prämie warten«, die kleinen Unternehmer, die im Regen stünden, die Studierenden, denen ebenfalls Unterstützung versprochen worden sei.
Von den zwei Milliarden Euro, mit denen sich Brandenburg im Zuge der Coronakrise neu verschuldet hat, sei eine Milliarde noch nicht verplant. Aus Sicht der Linken müsste sie für die schwächsten Opfer der Krise eingesetzt werden, »da sonst das soziale Brandenburg aufs Spiel gesetzt« werde, fügte Walter hinzu. Weil die reale Politik eine Abkehr von einstigen Zusagen sei, müsse gar von »Wortbruch« gesprochen werde. Der Fraktionschef verurteilte, dass für den Fertigbau des BER 160 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen bereitstünden, während die ruinierten Solo-Selbstständigen auf Hartz-IV verwiesen würden, mit der Begründung, dass man »das Geld nicht zum Fenster herauswerfen« wolle.
Ko-Fraktionsvorsitzende Katrin Dannenberg warf der Landesregierung vor, kein Konzept für die zugesagte Hort- und Ferienbetreuung der Kinder zu haben. In 14 Tagen beginnen die Ferien, und es sei zu erwarten, dass mit einer kurzfristigen Verordnung als »Sturzgeburt« den Kommunen dieses Problem übergeholfen werde. Bevor die Kitas wieder in den Regelbetrieb übergehen könnten, müsse das regelmäßige Testen auf das Coronavirus garantiert sein. Doch: »Wir in Brandenburg rennen den Ereignissen wieder hinterher.«
Dannenberg bekräftigte ihre Forderung, der Forster Linke-Fraktionschef Ingo Peschke müsse als Konsequenz einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der AfD von seinem Amt zurücktreten und sich von diesem Verhalten distanzieren. »Der Ball liegt jetzt bei der Fraktion in Forst.« Finde dies nicht statt, stehe ein Parteiausschlussverfahren im Raum »Es ist noch nicht so weit. Das ist ein Stufenverfahren. Wir werden abwarten.«
Die Linke hat sich am Dienstag erneut für die Einrichtung einer Polizei-Beschwerdestelle eingesetzt, wie sie auch in Berlin ab 20121 geplant ist. Dabei gehe es nicht um einen Generalverdacht gegen Polizisten, sagte Dannenberg. SPD-Fraktionschef Erik Stohn verwies auf den Koalitionsvertrag der rot-schwarz-grünen Regierung, in dem vereinbart wurde, einen Polizei-Beauftragten sowohl beim Parlament als auch beim Ministerium zu installieren. »Das wird bearbeitet«, sagte er. CDU-Fraktionschef Jan Redmann hält es für realistisch, dass Ende des Jahres ein entsprechendes Konzept vorliegen könnte.
Der CDU-Abgeordnete Björn Lakenmacher zeigte sich hingegen empört über die Äußerungen der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken, wonach es ein Rassismus-Problem in der deutschen Polizei gebe. Dies sei nicht nachweisbar. In lediglich 0,01 Prozent der Fälle würde sich die Polizei unkorrekt verhalten, behauptete der Ex-Polizist. Lakenmacher hat einige Zeit in Chicago als Polizist gearbeitet und war zehn Jahre bei der Berliner Polizei und der Bundespolizei tätig. Im Gegensatz zu den USA, wo die Ausbildung nur 20 Wochen dauere, gebe es in Deutschland eine profunde mehrjährige Ausbildung, betonte er. Er stehe zur Einrichtung der Stelle eines Polizei-Beauftragten in Brandenburg, doch »werden wir die entsprechenden Regelungen anderer Bundesländer nicht einfach abschreiben«, sagte er mit Blick auf Berlin, wo der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses am Montag über ein entsprechendes Gesetz beraten hatte (»nd« berichtete).
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