Dankt den Eltern dieser Stadt

MEINE SICHT: Claudia Krieg hat die Zeit ohne Notbetreuung nicht vergessen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine Krise folgt auf die nächste, sagt eine Elternaktivistin vor dem Roten Rathaus. Sie wolle endlich ein krisenfestes Betreuungssystem. Vor allem: Die Krise hat ja nicht erst mit den Pandemie-Einschränkungen begonnen. Die Krise ist eine Dauerkrise.

Auch wenn die Öffnungsschritte suggerieren, dass es nun allen Eltern und Kindern allmählich wieder besser gehen müsste: Genau so ist es eben ganz und gar nicht. Wie viele Berliner Familien, vor allem wie viele Frauen, manche mit zwei, manche mit drei Kindergartenkindern, derzeit noch immer einen Großteil der Zeit ohne Betreuung selbst organisieren müssen, das steht beileibe nicht so in der Öffentlichkeit wie die Lockerungsübungen des Senats.

Die meisten haben keine Zeit zu demonstrieren. Ihnen dürfte die Kraft fehlen, die schreienden Kleinkinder in einen Fahrradanhänger zu laden und sich vor das Rote Rathaus zu stellen. Sie sehen sich in eine Situation gebracht, in der sie nie sein wollten: in überkommene Muster als Hausfrau und Mutter gepresst, mit dem Anspruch der Leistungsgesellschaft zusätzlich unter Druck gesetzt. Diese Rollen sollen sie ganz modern und gelassen, zumal ja nur vorübergehend, meistern: Du schaffst das schon. Du Arme.

Es sind in der Regel gut ausgebildete, verantwortungsvolle Menschen, die sich zurzeit als Eltern in Berlin engagieren. Es sind selbstbewusste Frauen, die ihren Lebensunterhalt verdienen müssen und deshalb ihre Kinder gut betreut wissen wollen. Sie sagen: Wir gehen auf dem Zahnfleisch, noch so eine Runde schaffen wir nicht. Sie machen der Landespolitik Vorschläge: Bezahlt endlich die Erzieher*innen besser, ermöglicht mehr Teilhabe, testet mehr Personal, schützt die Risikogruppen, stützt die Kinder- und Jugendhilfe. Sie solidarisieren sich auch noch mit denjenigen, die ihnen gerade hilflos signalisieren: Wir wissen auch nicht, wie wir das alles machen sollen, mit Abstandsgebot, Digitalisierung, Hygiene. Man fragt sich: Wie will der Senat ihnen das alles danken?

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