Feiern mit ein bisschen Weißwein und Eiweißshake mit Schuss
Arminia Bielefeld genießt den Aufstieg in die erste Liga in Zurückhaltung
Jonathan Clauss freute sich auf »ein bisschen Weißwein aus dem Elsass mit der Freundin«, Andreas Voglsammer auf »einen Eiweißshake mit Shot« und Fabian Klos auf »ein, zwei Bier«: Die erste Geister-Aufstiegsfeier im deutschen Profifußball fiel bei Arminia Bielefeld bescheiden aus. Auch in der Stadt. Die Polizei sah »nichts, wo wir einschreiten mussten«.
Mit theoretischen Zweifeln hatte dies alles aber nichts zu tun. Die hatten bei Spielern und Funktionären des Vereins nach dem 4:0 (1:0) gegen Schlusslicht Dynamo Dresden keinen Platz. Neun Punkte und 18 Treffer Vorsprung hatten sie zu diesem Zeitpunkt auf Rang drei. Das kann in drei Spielen niemand mehr verspielen. »Wir haben das Gefühl, dass uns niemand mehr einholen wird«, sagte Trainer Uwe Neuhaus: »Und auch, wenn es rechnerisch noch nicht perfekt ist: Wer jetzt noch daran zweifelt, den schmeiß ich raus.«
Sie feierten also schon am Montagabend die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga nach elf Jahren. Und den achten Aufstieg, der die Ostwestfalen zusammen mit dem 1. FC Nürnberg zum Rekordaufsteiger macht. Doch ohne Fans, im (fast) leeren Stadion fühlte es sich auch ein bisschen seltsam an. Die La Ola vor der Haupttribüne wurde nur symbolisch erwidert, es gab keinen Platzsturm und keine Bierdusche. Stattdessen stand noch eine Stunde nach Schlusspfiff fast die ganze Mannschaft um einen Kasten Bier neben der Ersatzbank. Die Geschäftsführer Samir Arabi und Markus Rejek sowie Präsident Hans-Jürgen Laufer stießen zwischenzeitlich dazu.
Von dem, was sich vor der Bielefelder Arena abspielte, bekam da noch niemand etwas mit. Rund 200 Fans warteten vor dem Stadion - in das sie wie alle anderen im Moment nicht reindürfen - auf ihre Helden. Sie sangen und brannten Bengalos ab. Fuhr ein Spieler durch die Menge, musste er kurz anhalten und wurde bejubelt. Die meisten ließen die Scheibe runter und sangen mit. Marcel Hartel und Sven Schipplock schoben ihre Köpfe durch das Schiebedach und jubelten in die Menge.
Arminia-Ikone Ansgar Brinkmann kündigte als Sky-Experte an, wenn der Aufstieg auch rechnerisch perfekt ist, wolle er mit einer Flasche Whiskey vom Berg aufs Stadion schauen. »Dann schließen wir uns kurz und du kommst zu uns in die Stadt«, sagte Klos: »Dann stellen wir zwei, drei Stühle zwischen uns. Um den Mindestabstand zu wahren. Und um die Getränke abzustellen.«
Auch die Stadt will ihre Aufsteiger angemessen würdigen. Der Rathausbalkon wird geschlossen bleiben, doch Bürgermeister Pit Clausen kündigte schon an, er habe einige Ideen. Auch Neuhaus kündigte eine Feier »im angemessenen Rahmen« an. Er war 2002 als Assistent von Matthias Sammer schon deutscher Meister mit Borussia Dortmund geworden. Nun kommt er erstmals als Chefcoach in die erste Liga. Mit 60. Was passt, weil er sie als Profi auch erst mit 30 erreichte.
Der Coach aus Hattingen im Ruhrpott gilt als Vater des überraschenden Erfolgs. Wohl auch, weil er sich intern anders gibt als in der Öffentlichkeit. »Man spricht mir ja oft die Lockerheit ab«, sagte er am Montag lachend. Und erzählte dann, wie er in der Coronapause die Stimmung hochzuhalten versuchte. »Wir haben Reime aufsagen lassen. Echte Kindereien«, verriet er: »Es gab immer einen Loser der Woche, der musste dann Fischers Fritz oder so was aufsagen. Wir haben uns kaputtgelacht.« dpa
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