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Bengalo verboten, Whiskey erlaubt

Der FC Bayern München wird zum 30. Mal Meister, nur war keiner zur Party gekommen

  • Frank Hellmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine kleine Menschenansammlung harrte zur Geisterstunde noch vor dem Ausgang der Ostkurve des Bremer Weserstadions aus. Das gute Dutzend im Dämmerlicht trug Utensilien des FC Bayern, als ihnen Thomas Müller, Leon Goretzka und Manuel Neuer beim Einstieg in den Mannschaftsbus grinsend zuwinkten. Mit gebührendem Abstand versteht sich. Dann schlossen die Türen, und exakt um 23.52 Uhr eskortierte die Polizei den mit dem »Mia-san-Mia«-Motto bedruckten Bus des immer gleichen deutschen Fußballmeisters auf den Osterdeich.

Zwei Bayern-Fans fanden die Szenerie zu leblos für eine Meisterschaft, immerhin Nummer 30 in der langen Geschichte des FC Bayern und die achte in Folge: Sie zündeten ein Bengalo an. Kaum stieg roter Rauch empor, brausten Mannschaftswagen der Polizei heran, um die Personalien derjenigen festzuhalten, die ein wenig Überschwang gewagt hatten. Damit war der sterile Überzug allerorten gewahrt.

Die »Freude pur«, von der Trainer Hansi Flick zuvor aus der Kabine berichtet hatte, war draußen nicht erkennbar. Da half es auch nicht, dass der virenfreie Siegertrupp nach dem mühsamen 1:0-Arbeitssieg beim tapferen SV Werder durch den 31. Saisontreffer seines Torgaranten Robert Lewandowski (43.) Gesänge aus der Kabine über die sozialen Netzwerke verbreitete. Der virtuellen Welt wurde mit dem »Campeones«-Gegröle vorgegaukelt, man habe sich richtig gefreut. Doch dem war nicht so, wie Lewandowski zugab: »Wir sind Meister, aber ohne Fans zu feiern, ist kompliziert.« Und Flick räumte offen ein: »Hoffentlich bleibt das die einzige Saison, die so gespielt wird. Die Atmosphäre, das Adrenalin durch die Stimmung fehlt. Das ist nicht das, was wir unter Fußball verstehen.«

Schon der Abgang aus dem verwaisten Wohnzimmer des einstigen Erzrivalen hatte so unterkühlt ausgesehen, dass auch Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nicht in Frohsinn verfiel. Es sei eine »komische Meisterschaft«, mitten in einem leeren Stadion. Dass die Mannschaft sich die Meistershirts überstreifte und eine La-Ola-Welle für den Vorstand veranstaltete, musste reichen. Man werde am Samstag »eine kleine Meisterfeier im eigenen Stadion und im ganz kleinen Kreis veranstalten, leider auch ohne unsere Frauen, weil das medizinische Konzept der DFL das nicht erlaubt«, verriet Rummenigge.

Das Wichtigste sei, dass die Saison regulär zu Ende gehe. Selbst wenn es noch einen Abbruch gäbe, stünde das bekannte Ergebnis fest. Bayern ist wieder oben, obwohl zwischenzeitlich sogar sieben Zähler Rückstand zur Spitze auf eine Schwächeperiode hindeuteten. Da war Flick allerdings bereits mittendrin, den von Niko Kovac zersprengten Haufen wieder zu vereinen, so dass die Konkurrenz schon bald wieder nur noch hinterherhechelte. »Hansi hat die Mannschaft übernommen, und seitdem spielen wir wirklich attraktiven und erfolgreichen Fußball«, urteilte Rummenigge durchaus treffend.

Bereitwillig erzählte Flick, wie er seine ersten Meistermeriten in der Cheftrainerrolle zu begehen gedenke. Sein Assistent Hermann Gerland habe ihn genötigt, einen Whisky zu genießen. »Deswegen werde ich mit ihm eine Bourbon-Cola-Light trinken.« Ist mal was anderes als die immer gleichen Weißbierduschen, die bei der skurrilen Stille nach Schlusspfiff am wenigsten fehlten.

Die Bayern haben jetzt entspannte Aufgaben vor sich: Gegen Freiburg und bei der Schalen-Übergabe in Wolfsburg, die sich um die Europa-League-Plätze rangeln, könnte es darum gehen, an die 101 Treffer aus dem Rekordjahr 1972 zu kommen, aber Flick interessiert die Torejagd weniger als die nach weiterem Trophäen. Es sei doch bloß der erste Schritt gemacht: »Unser Ziel ist der Pokal.« Am 4. Juli geht es gegen Bayer Leverkusen ums Double, vermutlich auch ohne Publikum im Berliner Olympiastadion.

Und dann kommt, nach kurzem Urlaub, im August noch der Wettbewerb, an dem die globale Marke FC Bayern wirklich gemessen wird: die Champions League. »Da müssen wir topfit sein«, forderte der Trainer und sagte vorsorglich: »Die Champions League kann man nicht planen, es wird immer nur ein Spiel sein.« Sollten seine Bayern dort jedoch wieder siegen, der Spaßfaktor dürfte ungleich größer ausfallen als in Bremen. Die Menschenansammlung vor dem Teambus bestimmt auch.

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