Werbung

»Fest der Linken« im Zeichen von Corona

Buntes Online-Programm mit Veranstaltungen zu »toxischer Männlichkeit«, Hip-Hop, Virusfolgen im Sozialen und zur Geschichte Groß-Berlins

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir müssen uns wieder um die kleinen Träume der Leute kümmern«, fordert Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linken. Am Samstagabend stellte er auf dem »Fest der Linken« sein im Verbrecherverlag erschienenes, vieldiskutiertes Buch »Die Verantwortung der Linken« vor, das er unter dem Eindruck der linken Wahlverluste nicht nur in Deutschland geschrieben hatte. Seine Warnung, dass die Linkspartei die Mehrheit der Bevölkerung ansprechen muss, wollte er allerdings keinesfalls als Absage an eine Politik im Interesse von Minderheiten verstanden wissen. »Niemals dürfen wir den Kampf um Minderheitenrechte und die Solidarität mit den Arbeiter*innen gegeneinander ausspielen«, betonte Korte mehrmals.

Das wäre sicher Stoff für eine gut besuchte Veranstaltung mit lebhaften Diskussionen gewesen. Doch wie das gesamte »Fest der Linken« konnten auch Kortes Thesen coronabedingt nur digital verfolgt werden. Von Freitagnachmittag bis Samstagabend ging es in zahlreichen Diskussionen unter anderem um Rechte von Minderheiten und den Kampf um soziale Forderungen. Bei einer Gesprächsrunde über »Was ist (kritische) Männlichkeit?« betonte der freie Autor Fikri Anıl Altıntaş , dass der feministische Kampf für Männer mit einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Rollenverständnis beginnen müsse. Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Jörg Schindler, befragte den Parteikollegen und Rapper Jules El-Khatib zur Bedeutung von Hip-Hop für die heutigen migrantischen Jugendkulturen. Gerade im Kampf gegen den alltäglichen Rassismus spielt diese Musikrichtung eine wichtige Rolle.

Auf einer Veranstaltung des »neuen deutschland« erinnerte Berlins Kultursenator Klaus Lederer daran, dass Berlin vor knapp 100 Jahren - am 1. Oktober 1920 - durch den Zusammenschluss mit umliegenden Gemeinden über Nacht zur drittgrößten Metropole der Welt wurde. Ein Rundgang durch das Karl-Liebknecht-Haus und seine linke Geschichte stand ebenso auf dem Programm des Festes wie eine Kocheinlage. Der Linksparteivorsitzende Bernd Riexinger und die Kabarettistin Idyl Baydar bereiteten ein Drei-Gänge-Menü aus verschiedenen kulinarischen Welten zu.

Unter dem Motto »Ausnahme & Zustand« ging es am Freitagabend in zwei Diskussionsrunden um die Solidarität in Zeiten von Corona. Die erste Veranstaltung drehte sich um den Umgang mit der Krise in verschiedenen europäischen Ländern. Johanna Bussemer, Referatsleiterin Europa bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, berichtete über besonders massive Einschränkungen der Grundrechte in Griechenland, wo die Menschen über Wochen ihre Wohnungen nur verlassen durften, wenn sie eine SMS an eine Regierungsstelle geschrieben haben und diese bestätigt wurde. Die Frage, ob solche Maßnahmen autoritärer Staatlichkeit wirklich zur Eindämmung des Virus beigetragen haben, blieb dabei offen. Der Fokus wurde auf die Konsequenzen im sozialen Bereich gelegt, wo in Zeiten von Corona die Verarmung in vielen Ländern zunimmt und die Verschuldung ansteigt.

In der zweiten Diskussion berichtete der langjährige Verdi-Gewerkschafter Kalle Kunkel über die Situation der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich. Dabei beschrieb er die widersprüchliche Situation, dass unter Corona die gesellschaftliche Anerkennung dieser Berufe massiv gestiegen sei, was sich allerdings nicht in der Lohnhöhe auswirke. Auch die Möglichkeit des Arbeitskampfs sei erschwert.

Trotz der interessanten Diskussionen ist zu hoffen, dass das nächste »Fest der Linken« wieder mit Publikum stattfinden kann. Schließlich fehlten die vielen direkten Begegnungen und Diskussionen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!