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Linke will für Beschäftigte kämpfen
Rund 1000 Jobs könnten durch die Filialschließungen von Galeria Karstadt Kaufhof in Berlin verloren gehen
Nach der Ankündigung der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, bundesweit 62 ihrer 172 Filialen dichtzumachen, regt sich Protest - auch in Berlin. Kein Wunder, allein in der Hauptstadt stehen sechs der aktuell noch elf Häuser auf der Abschussliste. Insgesamt könnten 650 der fast 1600 Galeria-Beschäftigten in Berlin ihre Jobs verlieren. Hinzu kämen bis zu 400 Mitarbeiter in integrierten Geschäften, Feinkostabteilungen und Reisebüros, so Berechnungen der Gewerkschaft Verdi.
Gegen diesen Kahlschlag waren schon am Wochenende zahlreiche Beschäftigte auf die Straße gegangen. Nun macht auch die Linkspartei mobil. Am Montagvormittag versammelte sich gleich ein gutes Dutzend prominenter Politikerinnen und Politiker der Linken vor der Galeria-Filiale im Ring-Center in Lichtenberg, um ihre Solidarität mit den Beschäftigten zum Ausdruck zu bringen. In der Filiale an der Frankfurt Allee stehen über 50 Jobs auf dem Spiel.
»Die Politik muss deutlich machen, dass sie mit der Entscheidung der Konzernspitze nicht einverstanden ist«, sagt die Lichtenberger Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch. Die Linke-Politikerin wohnt in der Nähe des Ring-Centers und kennt die Filiale seit der Eröffnung vor 13 Jahren. Die Verkäuferinnen und Verkäufer, sagt Lötzsch, seien vor nur wenigen Wochen noch als Alltagshelden beklatscht worden und würden nun handstreichartig entlassen: »Das kann nicht sein. Es ist unsere Pflicht, dagegen einzuschreiten«.
Auch Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) will sich mit der Entscheidung der Signa Holding des österreichischen Immobilienmilliardärs René Benko - dem Eigentümer der Kaufhauskette - nicht abfinden. »Ich habe den Beschäftigten zugesagt, dass wir für sie kämpfen werden - und genau das werden wir auch machen«, sagt Grunst. Sein Bezirk ist gleich doppelt auf der Liste der Schließungskandidaten vertreten. Neben der Filiale im Ring-Center sollen auch am Standort im Linden-Center in Neu-Hohenschönhausen die Lichter ausgehen. »Für das Linden-Center ist das ein richtig harter Schlag«, erklärt Grunst. Die Galeria-Filiale nimmt hier nicht nur einen Großteil der gesamten Verkaufsfläche ein. Gerade in der Großwohnsiedlung Neu-Hohenschönhausen übernehme das Einkaufszentrum am Prerower Platz zudem die Funktionen eines »Dorfplatzes«. Macht das Warenhaus dicht, dürfte das unmittelbare Folgen für die gastronomischen Angebote und die anderen Geschäfte haben, so Grunsts Befürchtung.
Auch für das benachbarte Entwicklungsprojekt mit dem Arbeitstitel »Urbanes Zentrum Neu-Hohenschönhausen« könnte es eng werden. Auf dem Gelände zwischen dem S-Bahnhof Hohenschönhausen und dem Linden-Center will der Bezirk in den nächsten Jahren in Kooperation mit der Wohnungsbaugesellschaft Howoge mehrere Hundert Wohnungen errichten lassen. Darüber hinaus ist ein Kunst-, Kultur-, Dienstleistungs- und Verwaltungszentrum geplant - in das auch die Anna-Seghers-Bibliothek ziehen soll. Nun ist aber die Seghers-Bibliothek derzeit der zweite große Untermieter im Einkaufszentrum. Bürgermeister Grunst weiß daher um die endgültige Verödungsgefahr für das Linden-Center, sollte sich auch die Bibliothek verabschieden. »Das macht natürlich keinen Sinn, wenn sich hier zwei Akteure gegenseitig schwächen«, sagt Grunst.
Um die Galeria-Standorte zu retten, setzt Grunst nicht zuletzt auf den rot-rot-grünen Senat, und hier insbesondere auf Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). »Ich erwarte, dass Frau Pop sich da etwas mehr reinhängt.« Gesine Lötzsch erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Pläne der Signa, die Karstadt-Filiale am Hermannplatz in Friedrichshain-Kreuzberg abreißen und durch einen mehrere Hundert Millionen Euro teuren Neubau ersetzen zu lassen. »Land und Bezirk können die Genehmigungen für den Bau durchaus an Bedingungen knüpfen«, sagt Lötzsch.
Erika Ritter, Leiterin des Verdi-Landesfachbereichs Handel, mahnt unterdessen, das »riesige Wirrwarr« der Vermieter der betreffenden sechs Galeria-Filialen stärker in den Blick zu nehmen und auf etwaige Mietminderungen zu drängen: »Die müssen mit sich reden lassen.« Auch die Gewerkschafterin will die Berliner Standorte keineswegs kampflos verloren geben: »Wir geben noch nicht auf. Es lohnt sich zu kämpfen.«
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