Gesetzentwurf: SED-Opferbeauftragte soll vom Bundestag gewählt werden

Groko legt drei Gesetzesentwürfe vor, die bis zum 3. Oktober beschlossen werden können

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Berlin. Der künftige Umgang mit den Stasi-Akten und die Interessenvertretung für SED-Opfer sollen in drei Gesetzen neu geregelt werden. Die Entwürfe sollten als Paket nach der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden, sagte die Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses, Katrin Budde (SPD), der Deutschen Presse-Agentur. In der Großen Koalition gebe es dazu Konsens. Auch Opferverbände und die Landesbeauftragten für die SED-Aufarbeitung seien einbezogen. Die Gesetze würden vom Parlament erarbeitet.

Ab dem Sommer 2021 sollte sich demnach eine vom Bundestag direkt gewählte Ombudsperson für die Belange von SED-Opfern stark machen, erläuterte die SPD-Politikerin. Ein Vakuum nach dem Ausscheiden des bisherigen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, solle es nicht geben. Hinzu kommen nach Angaben von Budde eine Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sowie des Bundesarchivgesetzes, da die Stasi-Akten künftig dort verwaltet werden.

Die Entwürfe könnten mit Änderungen bis zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit am 3. Oktober verabschiedet werden, sagte Budde. Das wäre ein gutes Zeichen. Zuvor solle es Anhörungen geben.

Der Bundestag hatte im September 2019 die grundsätzliche Überführung der Stasi-Akten in das Bundesarchiv beschlossen. So geht im nächsten Jahr die Arbeit des Bundesbeauftragten Jahn und seiner Behörde zu Ende. Jahns zweite Amtszeit endet im Juni 2021. Die mehr als 1000 Beschäftigten sollen vom Bundesarchiv übernommen werden.

Ein künftiger Bundesbeauftragter oder eine Beauftragte für die SED-Opfer könnte unabhängig von Verwaltungen deren Interessen vertreten und sichtbar machen, so Budde. Das Amt orientiere sich in der Form am Wehrbeauftragten, aber sicher mit deutlich kleinerem Etat. Weitere Aufgabe wäre, im Parlament dafür zu sorgen, dass die Aufarbeitung der SED-Diktatur gesichert weitergehe, meinte Budde. »Unabhängiges Sprachrohr für die Belange der Opfer und der Aufarbeitung«, fasste Budde zusammen.

Auf die Frage, warum es noch einen Ansprechpartner für SED-Opfer geben soll und ob mit den neuen Gesetzen zur Rehabilitierung nicht das meiste geregelt sei, sagte die 55-jährige Ostdeutsche: »Ich glaube, dass das Thema Staatssicherheit, Geheimpolizei, Diktatur und was das mit den Menschen, mit den Familien, mit dem Leben gemacht hat, noch sehr, sehr lange wirken wird.« Das sei auch für Kinder von Opfern ein Thema, wenn in Familien nicht darüber geredet werde. »Das Interesse ist ungebrochen.«

Der Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar befürchtete indes, dass der Opferbeauftragte »für alles und nichts zuständig ist und den keiner in dieser Form braucht«. Der Verein habe den Eindruck, der neue Beauftragte solle alle administrativen »Restposten« auffangen, die nach der Abschaffung der Stasi-Unterlagenbehörde ungeklärt seien. Budde widersprach solchen Befürchtungen.

Laut der Ausschussvorsitzenden sollte in das neue Amt ein Mensch mit ostdeutscher Biografie gewählt werden - einer, »der noch weiß, worüber er redet, er muss Empathie für die Opfer haben und wissen, wie er das politisch übersetzt«. Nach Ansicht von Budde müsste der künftige Beauftragte nicht nur SED-Opfer aus der DDR im Blick haben, sondern auch Betroffene aus Westdeutschland. »Auch dort - etwa in West-Berlin - hat die Stasi gewirkt, Leute beobachtet und Leben zersetzt.« In bisherigen Gesetzen sei nur von SED-Opfern auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone und DDR ausgegangen worden.

Nach bisherigen Vorstellungen sollte die Amtszeit fünf Jahre betragen und eine einmalige Wiederwahl möglich sein. Die Ombudsperson sollte mindestens 35 Jahre alt sein und jährlich einen Bericht vorlegen. Über mögliche Kandidaten jetzt zu reden, wäre schädlich, so Budde. Erst müsse die gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Beschlossen ist bereits, dass es künftig pro ostdeutsches Bundesland einen Archivstandort für die Hinterlassenschaft der DDR-Staatssicherheit geben soll. Bisherige Außenstellen der Stasi-Unterlagen-Behörde sollen Teil der Bildungs- und Aufklärungslandschaft sein.

Die geretteten Stasi-Unterlagen sollen weiter zugänglich sein. Das Archiv solle unter dem Dach des Bundesarchivs eigenständig sein und das Fundament der Aufarbeitung bleiben. Vorangetrieben werden soll die Digitalisierung der Papiere.

Seit Ende 1990 summierte sich die Zahl der Anträge und Ersuchen an die Stasi-Unterlagen-Behörde bis zum Jahresende 2019 auf 7,3 Millionen. Es ging um Einsicht in persönliche Akten, um Forschungsprojekte und Medienanträge sowie um Ersuchen zur Überprüfung auf eine Stasi-Tätigkeit. dpa/nd

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