- Wirtschaft und Umwelt
- Wanderarbeit
Rückkehr ins wirtschaftliche Nichts
Die ILO hat eine Untersuchung zu den katastrophalen Auswirkungen der Coronakrise auf Wanderarbeit vorgelegt.
Ob in Indien, Amerika, den Golfstaaten oder in Europa: »Wir wissen, dass viele Millionen Wanderarbeitnehmer, die in ihren Arbeitsländern in der Falle sitzen, ihre Jobs verloren haben und nun voraussichtlich in Länder zurückkehren werden, die bereits mit schwacher Wirtschaft und steigender Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben.« Laut Manuela Tomei, Direktorin für Arbeitsbedingungen und Gleichberechtigung der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO), sind es gerade diese Arbeiter*innen, die in der Coronakrise geschützt werden müssen.
Jobverlust ohne soziale Absicherung
Viele der Migrant*innen, die in den Gastländern blieben, rutschten nach dem Jobverlust im Zuge der Krise ebenso in die Armut ab. Sie hätten kaum soziale Absicherung und kaum Geld für Unterkunft und Essen. Andere Migrant*innen müssten gekürzte Löhne akzeptieren. Sharan Burrow, Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes, fordert für diese Arbeiter*innen die gleichen Rechte und Absicherungen. Gut habe etwa Portugal die Wanderarbeiter*innen in die Coronaabsicherung integriert, hebt die Gewerkschafterin hervor. Denn: »Wanderarbeiter*innen leisten einen enormen Beitrag zu unserer Wirtschaft, aber sie sind weiter mit rassistischer Ungerechtigkeit konfrontiert. Das ist nicht akzeptabel«, so Burrow.
Die ILO schätzt in ihrer am Mittwoch in Genf vorgestellten Untersuchung die weltweite Zahl der Wanderarbeiter*innen auf 164 Millionen, fast die Hälfte davon Frauen. Zwar würden nicht alle diese Arbeiter*innen nach Hause zurückkehren, aber die von der ILO in mehr als 20 Ländern erhobenen Zahlen deuten darauf hin, dass dies voraussichtlich viele Millionen tun werden müssen. Nach der Lockerung der Reisebeschränkungen in vielen Ländern würden nun viele arbeitslos gewordene Migrant*innen die Heimreise antreten. Dort treffen sie auf viele andere Menschen ohne Jobs und Ressentiments aufgrund von Ansteckungsängsten mit Covid-19. Vor allem die Regierungen in Asien und Afrika erwarten, dass Millionen von Arbeitsmigrant*innen zurückkehren, sei es durch Zwang oder »freiwillig«, weil sie keine Jobmöglichkeit mehr sehen.
Schlüssel liegt laut ILO in der Wiedereingliederung
Doch die ILO sieht in ihrer Rückkehr auch Chancen. Für sie liegt der Schlüssel in der Wiedereingliederung. Doch die Herkunftsländer haben genau hierfür oftmals nur einen sehr begrenzten Spielraum. Dabei brächten die Rückkehrer*innen Fähigkeiten mit, die helfen können, nach der Pandemie die heimische Wirtschaft besser wieder aufzubauen. »Der Schlüssel zur Freisetzung dieses Potenzials liegt jedoch auf rechtlich verbrieften und geordneten Rückkehr- und Wiedereingliederungssystemen, im Zugang zu sozialem Schutz und in der angemessenen Anerkennung von Fähigkeiten«, so die ILO. Darüber hinaus könnten Wanderarbeiter*innen Wissen und Kapital einbringen, um neue Unternehmen zu eröffnen. »Mit der richtigen Politik kann die Rückkehr dieser Arbeitskräfte in eine Ressource zur wirtschaftlichen Erholung umgewandelt werden«, so Michelle Leighton, Leiterin der ILO-Abteilung Arbeitsmigration. »Wir müssen diesen Ländern helfen, die Chance zu ergreifen«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.